Deportationen unter Stalin

17. Oktober 2019 | Thomas Kock | Kategorien: Aktuelles, Erasmus +

Das folgende Unterrichtsmaterial wurde von Schülern im Rahmen des Erasmus+-Projekts „Migration in Europa“ erstellt.

Die Erinnerungen der Russlanddeutschen an die Deportation im Jahre 1941

M1: Die Deportation unter Stalin

Am 28.August 1941 begann die Deportation der Russlanddeutschen unter  Stalin. Für viele von ihnen war dies ein monatelanger, kaum erträglicher Weg ins Ungewisse. Die Menschen wurden aus ihren Siedlungsgebieten nach Zentralasien und weiter in Richtung Osten, vor allem nach Sibirien und Kasachstan, deportiert. Die meisten vertriebenen Russlanddeutschen kamen aus dem Wolgagebiet, andere aus dem Kaukasus, der Ukraine, den baltischen Staaten, sowie aus anderen, kleineren deutschen Siedlungsgebieten.

Ihnen wurde Kollaboration mit Deutschland vorgeworfen und sie wurden als „Staatsfeinde“, „Spione“ und „Saboteure“ bezeichnet. Auf einmal waren sie wieder die „Deutschen“, „die Faschisten“.

Die Deportation lief in den einzelnen Siedlungsgebieten unterschiedlich ab. Einige Menschen bekamen etwas Zeit, um ihre wichtigsten, materiellen Dinge einzupacken und mitzunehmen. Bei anderen Russlanddeutschenn wurde das verboten und alles verlief „Hals über Kopf“. In den wesentlichen Aspekten unterschied sich dennoch nichts. Alle Russlanddeutschen mussten ihre hart erarbeitete Existenz, ihre Heimat, ihr Leben  zurücklassen. Nicht nur psychisch war die Deportation eine Belastung, sondern auch körperlich. Die Menschen wurden in völlig überfüllte Viehwagons, auf unmenschlichste Weise verbannt. Viele Menschen starben bereits auf diesem Leidensweg an Hunger, Kälte und Krankheit. Die Gefühlslage der Menschen während der Deportation und bei ihrer Ankunft in den neuen Deportationsgebieten lässt sich wohl äußerst schwer in Worte fassen, aber was die Verzweiflung und Verwirrung der Menschen verstärkt hat, war, dass ihnen erzählt wurde, sie müssten ihre Heimat nur für wenige Wochen verlassen und würden dann wiederkommen.

Während der, bis zu mehreren Monaten dauernden, unmenschlichen Deportation, wurde den Menschen klar, dass sie angelogen und zusätzlich hintergangen wurden.

Ihre Existenz und „Heimat“ würden sie wahrscheinlich nicht in ein paar Wochen wiedersehen, sondern nie. Dadurch wurde der Neubeginn der Russlanddeutschen drastisch noch mehr erschwert und bei ihrer Ankunft, wussten die meisten nicht, wo sie sind, wieso sie dort sind und wie es weitergehen sollte.

M2:Erlebnisse von Elsa H.

Im Jahre 1941 sind auch die Eltern von Elsa H. deportiert worden. Sie kamen aus der Ukraine und  wurden von dort aus bis nach Pawlodar (Nordkasachstan) gebracht. Die Reise war lang und beschwerlich, denn es sind viele aufgrund von Hunger und Kälte gestorben, darunter auch ein Angehöriger ihrer Familie. Sie konnten diesen Angehörigen nicht beerdigen oder begraben, weshalb sie ihn auf dem Weg „irgendwo“ zurücklassen mussten. Manchmal hielt der Zug für sechs oder sogar bis zu 12 Stunden an. In dieser Zeit versuchte man irgendetwas zum Essen zu finden, jedoch ging es dann auch immer schlagartig weiter und man musste aufpassen, dass man rechtzeitig wieder in den Wagons war.

Als sie in Pawlodar angekommen waren, war es minus 40 Grad kalt und sie hatten keine warmen Klamotten bei sich, da es in der Ukraine warm war und sie nicht damit gerechnet hatten, in so eine kalte Gegend zu kommen. Von Pawlodar sind sie mit offenen LKW´s weitergebracht worden in ein Haus, wo sie zunächst warten mussten. In diesem Haus waren zwei Öfen, die mit Pflanzen beheizt wurden. Das Kind ihrer Schwiegermutter ist in diesem Haus an einer Lungenentzündung gestorben. Diese Frau musste auch in die Trudarmee und dort Männerarbeit verrichten. Es spielte keine Rolle, wie kalt es war oder ob sie krank war, sie musste jeden Tag durch den tiefen Schnee zur Arbeit kommen. Am Anfang musste sie im Wald arbeiten, wo sie einmal fast ums Leben gekommen sei. Später musste sie eine gefährliche Arbeit verrichten, bei der sie Sprengstoff in Steine legte, um sie zu sprengen.  Um sich vor der Kälte zu schützen, haben sie die Haut von toten Tiere, vor allem von Kälbern, abgezogen und mit Stroh befüllt.  In diese Haut haben sie Löcher geschnitten, um sie dann mit Bändern zuzuziehen. Diese „Schuhe“ haben sie sich dann angezogen, um nicht zu erfrieren. Sie wohnten bei den Einheimischen im Winter in Erdhütten und im Sommer in Zelten. Sie kann sich daran erinnern, dass es einmal so stürmisch war und so viel Schnee lag, dass man nur noch die Schornsteine der Erdhütten sehen konnte. An einem Tag war ihr Haus so zugeschneit, dass sie nicht rauskonnten.

Da haben sie das kleine Fenster, ganz oben im Dach aufbekommen und den kleinen, 3-jährigen Jungen der Famillie durch das Fenster nach draußen klettern lassen. Es war dunkel und der Junge hatte Angst, aber er hat es dann geschafft, so viel Schnee von der Tür wegzuschippen, dass die Familie rausgehen konnte.

M3: Quelle.https://languagesofttheworld.info/wp-content/uploads/2014/10/Deportations_from_the_Soviet_Union.jpg

Aufgabenstellungen:

Aufgabe 1:  Geben Sie die Hauptaussagen des Materials 1 mit eigenen Worten wieder.

Aufgabe 2:  Erläutern Sie den Verlauf der Deportation unter Einbezug von Material 1 und Material 3.

Aufgabe 3: Überprüfen Sie, inwiefern Elsa H. Opfer der stalinistischen Deportation geworden  ist und finden Sie ein begründetes Werturteil zu ihren Erfahrungen.

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