Georg Urspruch im “Handruper Forum”

10. Januar 2011 | Administrator | Kategorien: Handruper Forum

„Verunsichert, schikaniert, ausgegrenzt“ — Mobbing in der Schule

Zum Referenten:
Georg Urspruch
Schulpsychologischer Dezernent bei der Landesschulbehörde Osnabrück

Als einen „Frontalangriff auf die Menschenwürde“ bezeichnete der Schulpsychologische Dezernent bei der Landesschulbehörde Osnabrück, Georg Urspruch, das Mobbing unter Schülerinnen und Schülern. Urspruch sprach im Rahmen des Handruper Forums in der Aula des Gymnasiums Leoninum und zeigte dabei Ursachen, Wirkweisen und Folgen des Mobbings auf. Anhand authentischer Beispiele widmete er sich auch dem Umgang mit Mobbingfällen sowie der Frage nach Präventionsmaßnahmen.


Den Stellenwert und die Brisanz des Themas machte Schulleiter Franz-Josef Hanneken in seiner Einleitung deutlich, indem er unter anderem auf das Internet verwies: Nicht weniger als fünf Millionen Einträge seien allein bei der Suchmaschine Google zum Stichwort Mobbing gelistet. Zu dessen typischen Verhaltensweisen zählten dabei laut Georg Urspruch vor allem das Schikanieren, Hänseln, Bedrohen, der Ausschluss aus der Gruppe und eventuell auch körperliche Gewalt. Entscheidend sei dabei, dass Mobbing „nicht spontan, sondern systematisch und planvoll“ geschehe. Es handele sich stets um einen Dauerkonflikt, denn, so Urspruch, „Mobbing nur über zwei Tage kann es nicht geben.“

Dass es überhaupt zu Mobbingfällen komme, resultiere auch aus dem mangelnden Unrechtsbewusstsein vieler Schüler. Urspruch verwies auf eine Umfrage an emsländischen Schulen. Während körperliche Gewalt eindeutig auch als solche identifiziert werde, gelte das nicht für Mobbing. „Gewalt ist verboten. Wenn es keine Gewalt ist, ist es erlaubt.“ So dächten nicht wenige Jugendliche. Langeweile, Frustration, Machtmissbrauch … – die Liste mit Gründen, warum Jugendliche zu Mobbern würden, sei lang. Ebenso wenig sei die Frage, warum jemand zum Opfer werde, nicht eindeutig zu beantworten, konstatierte der Referent. Habe man in der Vergangenheit in „körperlich schwachen, ängstlichen, unsicheren, aber auch intelligenten und kreativen“ Menschen, das typische Opfer gesehen, so sehe die modernere Forschung „in der jeweiligen Gruppensituation und dem Gruppenprozess“ den Auslöser für Mobbing. Letztendlich gebe es „eine Unmenge von Möglichkeiten“. Wichtiger als deren Klärung sei es aber, „den Blick nach vorne zu richten“, unterstrich Urspruch. „Mobbingopfer brauchen Unterstützung, denn Mobbing vergeht nie von allein.“ Deswegen sei es auch falsch, dem Kind keinen Glauben zu schenken, wenn es sich als Opfer offenbare. Als kontraproduktiv wertete Urspruch jedoch den Ratschlag zur Gegenwehr. Die Tatsache, dass ein Kind zum Mobbingopfer geworden sei, belege ja, dass „es dazu gerade nicht in der Lage“ sei. Dem Kind würde vielmehr die eigene Hilflosigkeit noch verstärkt vor Augen geführt. Dies sei auch der Fall, wenn sofort mit einem Klassen- oder gar Schulwechsel reagiert würde. Sinnvoller sei es, dem Opfer dabei zu helfen, die Situation selbst in den Griff zu bekommen. Mit einem Schulwechsel allein gelange man eben „nicht aus der Hölle in den Himmel“. Ein allgemein gültiges Patenrezept für den Umgang mit Mobbingfällen in der Schule konnte der Experte nicht liefern. Zu vielfältig und komplex seien die einzelnen Fälle gelagert. An Gesprächen mit allen Beteiligten führe indes kein Weg vorbei.

Da Mobbing vielfach von Eltern und Lehrern unbemerkt geschehe, gelte es, ein besonderes Augenmerk auf spezifische Warnsignale zu richten, erklärte Urspruch und verwies beispielhaft auf typische psychosomatische Reaktionen wie häufige Kopf- oder Magenschmerzen und Schlafstörungen. Dass das Kind keine Auskunft mehr über den Schulalltag geben oder gar nicht mehr erst zur Schule gehen wolle, könnten weitere Hinweise auf Mobbing sein.

Es höre „sich banal an“, räumte Urspruch ein, aber das beste Rezept gegen Mobbing sei die Schaffung eines „positiven Schul- und Klassenklimas“, denn dieses erzeuge weniger Frustration und damit auch Aggression“. Angebote zur Fort- und Weiterbildung seien ebenso notwendig wie die Ausarbeitung von Konzepten zur Gewaltprävention und –intervention.

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