Guten Morgen, liebe Schülerinnen und Schüler!
Nach Beppo Straßenkehrer
Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang, das kann man niemals schaffen, denkt man. Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst zu tun und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem.
So darf man es nicht machen. Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du?! Man muss immer nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten. Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.
Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gefegt hat. Man hat gar nicht gemerkt, wie, und man ist gar nicht aus der Puste gekommen. Das ist wichtig.
(Aus: Michael Ende, Momo)
Beppo Straßenkehrers Aussage passt, finde ich, gut in unsere Corona-Zeit. Der Weg vor uns scheint lang, die Perspektive ernüchternd, ein Ende unbestimmt. Ihr dürft wie alle nur wenige Familienmitglieder sehen, vermisst eure Freunde, Großeltern, Verwandten. Vielleicht ähneln sich eure Tage so sehr, dass ihr vergessen habt, welcher Tag heute ist.
In diesen Tagen merken wir alle, wie wichtig Strukturen sind, die unserem Leben einen Rhythmus geben. Nicht nur der Tagesablauf, sondern auch größere Zeitabschnitte wie das Kalender- oder Kirchenjahr haben und brauchen ihren Takt.
Und im Moment ist alles aus dem Takt geraten.
Dennoch dürfen wir sicher sein, dass Gott mit uns auf der Corona-Straße unterwegs ist. Schritt für Schritt steht er uns zur Seite und begleitet uns. Wir dürfen ihm all unsere Sorgen anvertrauen. Er passt auf, dass wir sicher am Ende der Straße ankommen.
In der Bergpredigt sagt Jesus: Sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen (Mt 6,34). Gott geht den Weg mit uns auf der Straße bis zur Normalität.
Und wer weiß, vielleicht können wir aus dieser Zeit der Pause, der Stille, des Innehaltens auch etwas Positives für uns mitnehmen, jeder für sich das, was er braucht. Diese Zeit ist auch eine Zeit ohne lästige Termine, die eingehalten werden müssen. Vielleicht schafft ihr es, hier und da den Moment, der so ganz außerhalb der eigentlichen Zeitstruktur steht, besonders zu füllen, besonders zu erleben. Ihr könnt euch in diesen Tagen immer mal wieder Zeit nehmen für etwas, für das sonst zu wenig Zeit bleibt: Einen Brief an Oma und Opa schreiben, das Hobby, das ich schon immer einmal ausprobieren wollte (mich aber nie getraut habe), versuchen, Zeit mit Mama und Papa, deiner Schwester/deinem Bruder zu verbringen und ihr/ihm mal richtig zuhören, das Gespräch mit Gott suchen und finden.
Vielleicht nehmt ihr dann auch etwas Besonderes aus dieser Zeit mit, an das ihr gern zurückdenkt. Und vielleicht bekommt – wie bei Beppo – diese Zeit dann einen besonderen Wert.
Beten wir gemeinsam im Schulgebetbuch Nr. 224:
Ein Weg liegt vor mir. Ich will ihn gehen. Ich will den Grund spüren, der mich trägt: den Asphalt, die Steine, die Erde. Ich will die Umgebung sehen, durch die er mich führt: die Wälder, die Hügel, die Orte. Ich will die Welt wahrnehmen, die er meinem Ohr erschließt: die Blätter im Wind, die Vögel, die Gespräche unterwegs. Ich will die Bewegung, in die er mich bringt. Ich will offen sein für das, was mir begegnet. Ich will die Chancen nutzen. Ein Weg liegt vor mir. Ich will ihn gehen. Gott, ich fange an, ich gehe los, ich breche auf. Dazu segne mich. Gott, ich fange an, ein neues Leben zu führen, auf ein neues Ziel zuzugehen, mich auf anderes einzulassen. Dazu segne mich. Gott, ich gehe los mit neuen Gedanken, mit stärkeren Träumen, mit besseren Wünschen. Gott, geh mit mir auf diesem Weg!
In diesem Sinne euch allen einen schönen Dienstag!
Melanie Steffens