Liebe Schulgemeinschaft,
ich begrüße euch alle zu diesem Morgenimpuls. Es dauert nicht mehr lange, bis die Sommerferien beginnen und wir unsere Seele baumeln lassen können. Allerdings wird uns auch bewusst, wie sehr die Ferienzeit vom Corona-Virus geprägt sein wird. Nach den vergangenen Monaten und Wochen brauchen wir Zeit, um uns zu erholen und andere Eindrücke sammeln zu können. Viele werden die heimatlichen Gefilde verlassen und einen Teil der Ferien vielleicht am Meer oder in den Bergen verbringen.
Betrachtet bitte das Bild und überlegt, welche Gedanken euch dabei in den Sinn kommen.
Wo würdet ihr auf diesem Bild Platz nehmen? Warum entscheidet ihr euch für diese Stelle?
Das Bild wird dominiert von der Farbe Grün. Grün steht u. a. für Wachstum, Hoffnung, Zuversicht, Entspannung. Ihr erkennt auf einem Felsplateau eine kleine Siedlung, allerdings wirkt diese Siedlung menschenleer. Zahlreiche Steine liegen auf der Wiese und durch das Bild schlängelt sich ein kleiner Bach. Außerdem fällt der Blick auf eine Straße, die sich in Serpentinen aus dem Tal hinauf auf dieses Plateau windet. Serpentinen überwinden die Steigungen und sind die beste Möglichkeit, im Gebirge schnell an Höhe zu gewinnen. Der Blick des Betrachters geht nicht ins Tal, sondern auf den gegenüberliegenden Berg.
Für viele Menschen sind Berge und ihre Gipfel Sehnsuchtsorte, an denen sie sich Gott nahe fühlen.
Auch die Bibel kennt viele Berge als Orte, an denen Menschen in besonderem Maße die Nähe Gottes erfahren haben.
Auf dem Berg Sinai erhält Mose von Gott die beiden Steintafeln mit den Zehn Geboten. Die Menschen brauchen diese Gebote, um sich sowohl gegenüber Gott als auch gegenüber den Mitmenschen richtig zu verhalten; auf diesem Berg kommt es auch zum Bundesschluss zwischen Gott und seinem auserwählten Volk.
Auf einem anderen Berg hielt Jesus vor seinen Jüngern die sogenannte Bergpredigt. Hier formuliert Jesus sein ethisches Programm: die Menschen sollen ihren Nächsten lieben wie sich selbst und auch den Feinden sollen die Menschen liebevoll begegnen – ist diese Forderung nicht eine Zumutung?
Abschließend möchte ich auf Martin Luther King eingehen, der am Abend vor seiner Ermordung in Memphis eine Ansprache hielt, in der er eine Gotteserfahrung beschreibt, die ihn tief beeindruckt hat:
„Ich verließ Atlanta heute früh, wir waren eine Gruppe von sechs, und als der Flug begann, sagte der Pilot über Lautsprecher: ‚Entschuldigen Sie bitte die Verspätung, aber wir haben Dr. Martin Luther King an Bord. Um sicherzugehen, dass alles Gepäck kontrolliert und alles an Bord in Ordnung war, mussten wir alles sorgfältig prüfen. Das Flugzeug wurde die ganze Nacht bewacht.‘ Und dann landeten wir in Memphis. Und einige sprachen von Drohungen, die im Umlauf waren, und von dem, was mir von einigen unserer kranken weißen Brüder widerfahren könnte.
Nun, ich weiß nicht, was jetzt geschehen wird. Schwierige Tage liegen vor uns. Aber das macht mir jetzt wirklich nichts aus. Denn ich bin auf dem Gipfel des Berges gewesen. Ich mache mir keine Sorgen. Wie jeder andere würde ich gern lange leben. Langlebigkeit hat ihren Wert. Aber darum bin ich jetzt nicht besorgt. Ich möchte nur Gottes Willen tun. Er hat mir erlaubt, auf den Berg zu steigen. Und ich habe hinüber gesehen. Ich habe das Gelobte Land gesehen. Vielleicht gelange ich nicht mit euch dorthin. Aber ihr sollt heute Abend wissen, dass wir, als ein Volk, in das Gelobte Land gehen werden. Und deshalb mache ich mir keine Sorgen wegen irgendetwas. Ich fürchte niemanden. Meine Augen haben die Herrlichkeit des kommenden Herrn gesehen.“
Diese Gotteserfahrung auf einem Berg hat Martin Luther King in seinen letzten Stunden getragen und ihm Kraft angesichts vieler Anfeindungen verliehen.
So wollen auch wir auf Gott vertrauen, gerade wenn wir das Gefühl haben, unsere Berge nicht mehr erklimmen zu können.
Lasst uns beten!
Guter Gott,
du zeigst uns, wie groß und weit deine Welt ist,
wie reich und bunt unser Leben ist.
Locke uns heraus aus unserer verplanten Zeit, aus unseren Gewohnheiten,
damit wir gerade in dieser Zeit der Ruhe uns selbst entdecken und neue Wege finden.
Lass uns die Stille neu spüren, damit wir unsere Augen
öffnen für all das Schöne in dieser Welt,
dass du uns geschenkt hast.
Schenke uns ein offenes Herz für diese freie Zeit,
damit wir das tun, was wir können, was uns freut,
und glücklich macht.
Guter Gott, du bist immer da, du kennst uns, du hast
uns lieb. Egal, wo wir sind, du gibst uns Sicherheit,
du hältst uns in deiner Hand geborgen.
So segne euch der Gott, der unsere Wege begleitet.
Amen
Karin Kowalkowski-Renner