Bischof Wilmer hat in der „Zeit“ vom 4. Juni die komplette Seite 54 für seine Gedanken bekommen. (Kein Link, der Text ist leider hinter der Bezahlschranke der „Zeit“.) Er geht dort der Frage nach der Relevanz der Kirchen/Christen heute nach. Nach einigen Schilderungen seines Werdegangs (so Motto Who am I? Why am I here?) geht es darum – so drücke ich es mal mit dem Songtext aus – den „thrill“ zurückzubekommen. Bischof Wilmer nennt das „spirituelle Revolution“, würde ich sagen.
Bischof Wilmer hat offensichtlich den „thrill“ gefunden. Es geht ihm um eine „Vision“, die er in einem eher säkularen Pariser Bezirk angesichts einer ganz modernen Pariser Kirche, die aber auf Fundamenten aus dem 13. Jahrhundert steht, anhand des an der Außenfront der Kirche zu findenden Bibelverses aus dem Buch Micha erläutert.
Womit soll ich vor den HERRN treten,
mich beugen vor dem Gott der Höhe? (…)
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist
und was der HERR von dir erwartet.
Nichts anderes als dies:
Recht tun, Güte lieben
und achtsam mitgehen mit deinem Gott.
Die Pariser Kirche ist ein „mutiger Neubau auf alten Fundamenten“, so Bischof Wilmer. Er zitiert eine ihm sehr wichtige Zeile „There’s a crack in everything. That’s how the light gets in“ aus einem Song von Leonhard Cohen. Das Bild überträgt er. Nicht eine perfekte Kirche ist es, in ihr vergessen wir die Gnade Gottes. Vielmehr fordert er auf, den Blick auf die Brüche in unserem eigenen Leben und die Risse in der Existenz der anderen zu richten und den Neubau daran auszurichten, stehend auf sicheren alten Fundamenten.
Damit ist die von Bischof Wilmer geforderte „spirituelle Revolution“ vom Ansatz her beschrieben.
Wenn euch das reicht, dann macht jetzt schon Schluss. Es wird nämlich noch lang jetzt, wenn ich noch was dazu sage. Also jetzt nicht mehr „Bischof Wilmer“.
Wenn man sich erst einmal grundsätzlich mit einer Idee anfreunden kann, gut. Doch dann steckt der Teufel im Detail. Wenn einem gesagt ist, was gut ist (Buch Micha, siehe oben), dann gibt’s da garantiert konkurrierende Ansagen. Also, wahrscheinlich ist anderen Menschen auch mal was anderes gesagt. Darauf berufen die sich nämlich. Vielleicht haben die anderen ein anderes „Fundament“. Dann gibt’s Konkurrenzen. Und dann? Wie geht’s mit dem Bau…
Also den „thrill“ braucht man schon. Seht zu, dass ihr ihn findet, und dann macht was daraus. Das ist manchmal durchaus heftig, aber es lohnt. Zwischendurch mal: Gedanken ordnen, wenn man zwischen allen Stühlen sitzt, weil vieles in der Jugend ja more important ist. Lasst es euch gesagt sein, ich war auch mal viel älter…
Danke, and don’t you ever stop rockin‘.
Ulrich Tönnies