„20 Jahre Deutsche Einheit – Rückblick und Ausblick“
Dr. Rudolf Seiters,
Bundesinnenminister a.D.
Am 03. Oktober 1990 traten die neuen Länder auf dem Gebiet der ehemaligen DDR der Bundesrepublik Deutschland bei und vollzogen damit nach langjähriger Trennung die Wiedervereinigung Deutschlands. Maßgeblich beteiligt am Wiedervereinigungsprozess war seinerzeit der damalige Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes, Dr. Rudolf Seiters. In seinen weiteren Ämtern als Bundesminister des Innern sowie als Vizepräsident des Deutschen Bundestages gestaltete Dr. Seiters gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher die Wiedervereinigung und prägte somit entscheidend das neue Gesicht der Bundesrepublik Deutschland.
Im Rahmen des 26. Handruper Forums am 27. September 2010 gab der ehemalige Bundesminister vor zahlreich erschienenen Gästen interessante Einblicke in den Verlauf der der damaligen Ereignisse, die er mit der Schilderung von zum Teil sehr persönlichen Erlebnissen verband. „Ohne Gottes Hilfe hätten wir das alles nicht geschafft“, betonte Seiters zum Schluss seines Vortrages, in dem er anschaulich die dramatischen Wochen und Tage vor und während des Falls der Mauer, vor allem auch die Ereignisse in der deutschen Botschaft in Prag, die er mit dem damaligen Außenminister Genscher erlebte, beschrieb.
Insgesamt müsse man den Prozess der Wiedervereinigung im Kontext der Vorgänge seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sehen, als die DDR und der Ostblock entstanden. Auflehnungen gegen die unerträgliche Situation habe es mehrere gegeben, doch seien sämtliche Versuche, Freiheit zu erlangen, gewaltsam unterdrückt worden. Seiters zeigte sich in der Rückschau davon überzeugt, dass ohne den Rückhalt des amerikanischen und sowjetischen Präsidenten und der damit einhergehenden besonnenen, auf Vertrauen basierenden Politik auf westlicher und östlicher Seite die Wiedervereinigung kaum möglich gewesen wäre. Eine äußerst große Bedeutung maß er gleichzeitig den Polen – der Redner verwies hier auf die Gewerkschaft Solidarnosc und den damaligen Papst Johannes Paul II. – und insbesondere den Ungarn bei, die seinerzeit die ungarisch-österreichische Grenze für Flüchtlinge geöffnet hätten.
Im Anschluss an seine Ausführungen nahm sich Seiters die Zeit, um Fragen zu beantworten. Er räumte ein, dass sich die damalige Bundessregierung nicht über das Ausmaß der hohen Verschuldung der DDR bewusst gewesen sei. Gegen die Stimmen, man hätte sich mit dem Vereinigungsprozess mehr Zeit lassen sollen, wandte Seiters ein, dass man die Chance zur Wiedervereinigung unbedingt hätte ergreifen müssen. Aufgrund der folgenden politischen Situation wäre der Resonanzboden dafür nicht mehr vorhanden gewesen.