Am Freitag, dem 20. November 2015, fand bundesweit der 12. Vorlesetag statt – so auch wieder am Gymnasium Leoninum. Während in den vergangenen Jahren in Kindergärten, Altenheimen oder in den Klassen vorgelesen wurde, wählte das Bibliotheksteam in diesem Jahr die Klosterkirche als Vorleseort aus – ein würdevoller Ort als Rahmen für die diesjährige Lesung. Das Thema „Krieg – Angst – Flucht“ wurde bewusst gewählt, um die Schülerinnen und Schüler für das Leben von Flüchtlingen in Deutschland zu sensibilisieren. Als Vorleser waren drei prominente Personen aus der Region eingeladen worden, die sich tagtäglich mit dieser Problematik auseinandersetzen: Herr Hömme aus Berge, Herr Mey aus Freren und Herr Lühn aus der Samtgemeinde Lengerich. Mit großem Engagement lasen sie den Schülern vor und erzählten viele Einzelheiten aus ihrer Arbeit, sodass alle sich intensiv mit diesem Thema befassten und sich zwischen den Vorlesern und Zuhörern eine angeregte Diskussion ergab.
Vorgelesen wurde die Erzählung „Die Insel – Eine tägliche Geschichte“ von Armin Greder. Es ist deswegen eine tägliche Geschichte, weil sie jeden Tag abertausend Mal passiert. Der Mensch in diesem Buch hat keinen Namen. Er heißt nicht Flüchtling, nicht Asylbewerber, nicht Vertriebener, nicht Heimatloser, er heißt einfach nur Mensch…
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In schlichten Sätzen und großartigen Bildern zeigt der Autor das Schicksal von vielen Millionen Menschen, die wie dieser Mann auf einer „Insel“ stranden. Der Mann, er war nackt. Er war nicht wie sie. Die Inselbewohner geraten in Streit darüber, wie man ihn behandeln soll. Sollen sie ihn verpflegen ? Sollen sie ihm Wohnraum geben? Sollen sie ihn beschäftigen oder ausbeuten? Angst macht sich breit. Eine völlig unbegründete Angst, die der Gestrandete verbreitet. Es ist die Angst, die in den Menschen steckt und mit der sie ihn belasten. Diese Angst wird schließlich so übermächtig, dass sie ihn zurückschicken und eine Mauer bauen, damit nie wieder jemand auf die Idee kommt, bei ihnen leben zu wollen.
Als Vorleser waren drei prominente Personen aus der Region eingeladen worden, die sich tagtäglich mit dieser Problematik auseinandersetzen, zumindest in Teilen ihrer Arbeit, so wie der Polizeikommissar Burkhard Hömme aus Berge, der für das Asyl-Aufnahmelager in Bramsche-Hesepe zuständig ist. Er las den Jahrgängen 7 und 8 vor, eindringlich und ergreifend, so dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Die anschließende Diskussion überzeugte vor allem dadurch, dass er dazu ermutigte, immer wieder die einzelne Person zu sehen, den einzelnen Menschen, der unsere Hilfe braucht. Zusammen mit den vielen ehrenamtlichen Helfern können wir das schaffen – so seine Worte.
Philipp Mey aus Freren las den Jahrgängen 9 und 10 vor. Er ist der Koordinator für die Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge in der Samtgemeinde Freren. Das hat er natürlich nicht gelernt und so ist jeder Tag eine neue Herausforderung für ihn. Er erzählte von den Schicksalen und dem Leid, das viele erfahren haben, und forderte dazu auf, solidarisch zu sein. Neben den vielen Sachspenden seien es gerade auch kleine Gespräche und freundliche Gesten, die den neu ankommenden Menschen das Gefühl geben, angenommen zu sein.
Den Jahrgängen 5 und 6 las Herr Matthias Lühn vor. Er ist der Bürgermeister der Samtgemeinde Lengerich und verantwortlich für die Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge dort. Er berichtete aus seinem Alltag und davon, wie sich das Leben mit den neuen Aufgaben verändert. Jeden Tag auf der Suche nach Wohnraum und adäquaten Hilfen, sei es vom Dolmetscher bis hin zum Arztbesuch. Alles muss irgendwie betreut werden. Vehement setzt er sich für die Menschen ein und betonte: „Flüchtlinge haben keine Vorteile, ganz im Gegenteil, sie sind aus ihren Ländern vor Krieg, Verfolgung und Terrorismus geflohen. Wir sollten ihnen mit Verständnis und Respekt begegnen“, so sein eindringlicher Wunsch.
Und so schließt sich der Kreis. Während die Menschen in Armin Greders Buch „Die Insel“ den Mann zurück aufs offene Meer schieben, sind in Deutschland Tausende tagtäglich dabei, den Flüchtlingen zu helfen. Es sind nicht nur Hauptamtliche, es sind die abertausend freiwilligen und ehrenamtlichen Helfer, die zeigen, dass uns das Schicksal dieser Menschen berührt. Geben wir nicht auf, haben wir keine Angst. Gemeinsam und gestärkt durch unseren Glauben und Jesu Wort „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ können wir es schaffen.
(Maria Lemmermöhle – Magdalena Wöste)