Georg Urspruch im “Handruper Forum”

„Verunsichert, schikaniert, ausgegrenzt“ — Mobbing in der Schule

Zum Referenten:
Georg Urspruch
Schulpsychologischer Dezernent bei der Landesschulbehörde Osnabrück

Als einen „Frontalangriff auf die Menschenwürde“ bezeichnete der Schulpsychologische Dezernent bei der Landesschulbehörde Osnabrück, Georg Urspruch, das Mobbing unter Schülerinnen und Schülern. Urspruch sprach im Rahmen des Handruper Forums in der Aula des Gymnasiums Leoninum und zeigte dabei Ursachen, Wirkweisen und Folgen des Mobbings auf. Anhand authentischer Beispiele widmete er sich auch dem Umgang mit Mobbingfällen sowie der Frage nach Präventionsmaßnahmen.


Den Stellenwert und die Brisanz des Themas machte Schulleiter Franz-Josef Hanneken in seiner Einleitung deutlich, indem er unter anderem auf das Internet verwies: Nicht weniger als fünf Millionen Einträge seien allein bei der Suchmaschine Google zum Stichwort Mobbing gelistet. Zu dessen typischen Verhaltensweisen zählten dabei laut Georg Urspruch vor allem das Schikanieren, Hänseln, Bedrohen, der Ausschluss aus der Gruppe und eventuell auch körperliche Gewalt. Entscheidend sei dabei, dass Mobbing „nicht spontan, sondern systematisch und planvoll“ geschehe. Es handele sich stets um einen Dauerkonflikt, denn, so Urspruch, „Mobbing nur über zwei Tage kann es nicht geben.“

Dass es überhaupt zu Mobbingfällen komme, resultiere auch aus dem mangelnden Unrechtsbewusstsein vieler Schüler. Urspruch verwies auf eine Umfrage an emsländischen Schulen. Während körperliche Gewalt eindeutig auch als solche identifiziert werde, gelte das nicht für Mobbing. „Gewalt ist verboten. Wenn es keine Gewalt ist, ist es erlaubt.“ So dächten nicht wenige Jugendliche. Langeweile, Frustration, Machtmissbrauch … – die Liste mit Gründen, warum Jugendliche zu Mobbern würden, sei lang. Ebenso wenig sei die Frage, warum jemand zum Opfer werde, nicht eindeutig zu beantworten, konstatierte der Referent. Habe man in der Vergangenheit in „körperlich schwachen, ängstlichen, unsicheren, aber auch intelligenten und kreativen“ Menschen, das typische Opfer gesehen, so sehe die modernere Forschung „in der jeweiligen Gruppensituation und dem Gruppenprozess“ den Auslöser für Mobbing. Letztendlich gebe es „eine Unmenge von Möglichkeiten“. Wichtiger als deren Klärung sei es aber, „den Blick nach vorne zu richten“, unterstrich Urspruch. „Mobbingopfer brauchen Unterstützung, denn Mobbing vergeht nie von allein.“ Deswegen sei es auch falsch, dem Kind keinen Glauben zu schenken, wenn es sich als Opfer offenbare. Als kontraproduktiv wertete Urspruch jedoch den Ratschlag zur Gegenwehr. Die Tatsache, dass ein Kind zum Mobbingopfer geworden sei, belege ja, dass „es dazu gerade nicht in der Lage“ sei. Dem Kind würde vielmehr die eigene Hilflosigkeit noch verstärkt vor Augen geführt. Dies sei auch der Fall, wenn sofort mit einem Klassen- oder gar Schulwechsel reagiert würde. Sinnvoller sei es, dem Opfer dabei zu helfen, die Situation selbst in den Griff zu bekommen. Mit einem Schulwechsel allein gelange man eben „nicht aus der Hölle in den Himmel“. Ein allgemein gültiges Patenrezept für den Umgang mit Mobbingfällen in der Schule konnte der Experte nicht liefern. Zu vielfältig und komplex seien die einzelnen Fälle gelagert. An Gesprächen mit allen Beteiligten führe indes kein Weg vorbei.

Da Mobbing vielfach von Eltern und Lehrern unbemerkt geschehe, gelte es, ein besonderes Augenmerk auf spezifische Warnsignale zu richten, erklärte Urspruch und verwies beispielhaft auf typische psychosomatische Reaktionen wie häufige Kopf- oder Magenschmerzen und Schlafstörungen. Dass das Kind keine Auskunft mehr über den Schulalltag geben oder gar nicht mehr erst zur Schule gehen wolle, könnten weitere Hinweise auf Mobbing sein.

Es höre „sich banal an“, räumte Urspruch ein, aber das beste Rezept gegen Mobbing sei die Schaffung eines „positiven Schul- und Klassenklimas“, denn dieses erzeuge weniger Frustration und damit auch Aggression“. Angebote zur Fort- und Weiterbildung seien ebenso notwendig wie die Ausarbeitung von Konzepten zur Gewaltprävention und –intervention.

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Stephan Kulle im “Handruper Forum”

Kirchenkritiker mutierten zu Wendehälsen
Fernsehjournalist Stephan Kulle zu Gast in Handrup – Besuch im Unterricht

Zum Referenten:
Stephan Kulle
ZDF Fernsehmoderator und Buchautor

„Warum wir wieder glauben wollen“, genau wie der Titel seines jüngsten Buches lautete auch das Thema des Vortrags, den der Fernsehjournalist Stephan Kulle im Rahmen des Handruper Forums in der Aula des Gymnasiums Leoninum hielt. Offenkundig trifft Kulle mit seinen Aussagen einen bestimmten Nerv, denn auch in Handrup hatten sich zahlreiche Interessierte zum Leseabend mit dem prominenten Fernsehmann eingefunden.


Zum 22. Handruper Forum am Gymnasium Leoninum begrüßten Schulleiter Franz-Josef Hanneken (links) und sein Stellvertreter Paul Wöste (rechts), der seit 14 Jahren für die inhaltliche Konzeption verantwortlich zeichnet, den Fernsehjournalisten Stephan Kulle.



In den Publikationen Kulles, so Schulleiter Franz-Josef Hanneken in seiner Einführung, werde erkennbar, dass „Biographie bei ihm im doppelten Sinne zu lesen“ sei, nämlich „Zeugnis vom Leben, aber auch als lebendiges Zeugnis“.

Dieser Einschätzung entsprach dann auch ein Großteil des gut zweistündigen Vortrags, in dem Kulle abwechselnd Abschnitte aus seinem jüngsten Buch vorlas und diese mit persönlichen Gedanken anreicherte. So gab er dann auch weniger eine allgemeingültige Antwort auf die Frage, warum wir, die Deutschen, denn nun „wieder glauben wollen“. Ausgehend vom individuellen Schicksal des sterbenden Freundes, der als überzeugter Atheist im Rückblick auf sein Leben „Gott auf einmal als Leerstelle“ erfahren habe schlug Kulle den Bogen zur gesellschaftlichen Situation. Seit 2005, mit dem Tod von Papst Johannes Paul II. und der Wahl von Papst Benedikt XVI., vollziehe sich ein Wandel in der Gesellschaft, erklärte er. Der Ton in den Medien sei „sanfter“ geworden, einstige Kirchenkritiker hätten sich als „Wendehälse“ offenbart, Konfessionsschulen könnten sich – „erstaunlicherweise auch im Osten Deutschlands“ – vor Bewerbern nicht retten, die Kircheneintrittszahlen stiegen wieder an, zählte Kulle unter anderem auf.

Gleichwohl könne man nicht behaupten, dass die Kirchlichkeit der Menschen im selben Maße gestiegen sei wie ihr (neu erwachtes) Interesse an Religion. Kulle plädierte gar für eine Trennung zwischen Kirche, Theologie und persönlichem Glauben, um diesen unter Umständen nicht zu gefährden. „Der Glaube geht zunächst nur mich und den lieben Gott etwas an“, erklärte er. „Es ist für den persönlichen Glauben wurscht“, so Kulle wörtlich, „ob sich Theologen über einige theologische Fragen streiten und sich dann einigen.“

Die Grundbefindlichkeit des Menschen zeige sich laut Kulle in dem Begriff „Sehnsucht“, einem Verlangen nach Geborgenheit, Zuwendung, Angenommensein, Liebe. Es sei vor allem die Schönheit des vergänglichen Augenblicks, die diese Sehnsucht im Menschen wecke, erklärte er. Der Mensch such etwas, dass im Verlässlichkeit gewähre. Jedoch gebe es Erfahrungen persönlichen Leids, Schicksalsschläge, die die Sinnfrage, die Frage nach dem Warum, nach einem gütigen und gerechten Gott umso deutlicher aufkommen ließen. Kulle räumte ein, dass er die Antwort nicht kenne, fügte aber gleich hinzu, dass „diese Fragerei auch nichts bringt.“ Es gehe vielmehr darum, „mit der Situation umzugehen“. Hier appellierte an die Mitglieder kirchlicher Gemeinden, den Mitmenschen nicht aus dem Blick zu verlieren.

Inwieweit ihm der Glaube nach seinem Unfall mit der daraus resultierenden, mittlerweile aber überwundenen Querschnittslähmung geholfen habe, vermochte Kulle nicht zu sagen. „Große spirituelle Momente gab es damals nicht“, gab er unumwunden zu. Es sei aber ungemein tröstlich, hilfreich und bestärkend gewesen, zu wissen, dass andere Menschen „damals für den Stephan beteten.“

Einen Blick hinter die Mauern des Vatikan gewährte der Fernsehjournalist am folgenden Tag den Schülerinnen und Schülern der Klasse 6d und stellte sich den Fragen der Sechstklässler, die sie im Religionsunterricht gemeinsam mit ihrem Religionslehrer Paul Wöste vorbereitet hatten. Stephan Kulle blieb keine Antwort schuldig, sondern gab detailliert Auskunft über den Ablauf eines typischen Arbeitstages von Papst Benedikt XVI. und über persönliche Vorlieben des Kirchenoberhauptes, bevor er bereitwillig Autogrammwünsche erfüllte.

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Dr. Reiner Klingholz im “Handruper Forum”

„Wir werden weniger, wird werden älter, wir werden bunter.“
Dr. Reiner Klingholz referierte in Handrup

Zum Referenten:
Dr. Reiner Klingholz, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung

„Wir werden weniger, wir werden älter, und wir werden bunter.“ Auf diese Formel brachte Dr. Reiner Klingholz, Geschäftsführer des Berlin-Institutes für Bevölkerung und Entwicklung, die Zukunft der in Deutschland lebenden Bevölkerung. Letzten Endes gebe es nur einen Schlüssel, um den mit dem demographischen Wandel verbundenen Veränderungen der Gesellschaft begegnen zu können: Bildung.


Über die demographische Entwicklung Deutschlands informierten Dr. Reiner Klingholz (Mitte) und seine Mitarbeiterinnen Marie-Luise Steffens und Iris Hoßmann (v. links). Für die inhaltliche Konzeption des Handruper Forums zeichnete einmal mehr Studiendirektor Paul Wöste (2. v. rechts) verantwortlich. Unter den zahlreichen Gästen, die Schulleiter Franz-Josef Hanneken (3. v. links) begrüßen konnte, waren auch Reinhard Winter (links), Erster Kreisrat des Landkreises Emsland, und der Leitende Regierungsschuldirektor Klaus Seifert von der Landesschulbehörde Osnabrück.



Im Rahmen einer Themenreihe des Handruper Forums zur Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft stellte der mit diversen Preisen ausgezeichnete Experte auf dem Gebiet der Bevölkerungsentwicklung die demographische Lage der Nation dar und lenkte den Blick dabei verstärkt auch auf das Emsland. In seiner Einführung hatte der Schulleiter des Gymnasiums Leoninum, Franz-Josef Hanneken, bereits auf die Ausnahmestellung des Emslandes hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung hingewiesen und dabei auch die Frage aufgeworfen, ob sich der Landkreis gar als „Modellregion“ erweisen könnte.

Fasst man die ausführlichen und mit zahlreichen Tabellen und Statistiken untermauerten Darlegungen von Dr. Klingholz zusammen, kann die Antwort nur „Ja“ lauten. Mit einer durchschnittlichen Kinderzahl von 1,6 Kindern pro Frau gehöre das Emsland zu den „Top Ten“ in Deutschland. Das Vorhandensein von Kindern mache die Region „vitaler und leistungsfähiger“ als viele andere Gebiete in Deutschland. Zwar bedeuteten „viele Kinder nicht unbedingt finanziellen Segen“, so der Referent, aber im Vergleich werde deutlich, dass eine höhere Kinderzahl mit einem größeren wirtschaftlichen Wachstum einhergehe. „Kinder erzwingen Arbeitsplätze“, erklärte Dr. Klingholz. Angesichts der Tatsache, dass es in der Region zudem mehr „unter-20-Jährige“ als „über-65-Jährige“ gebe, wertete er die Zukunftsaussichten positiv, auch wenn der Einfluss der gesamtdeutschen Entwicklung natürlich zu spüren sein werde.

Mit einer seit 1972 konstanten Zahl von 1,4 Kindern pro Frau sei ein Bevölkerungsrückgang unvermeidlich. Gleichzeitig werde die Zahl der älteren Mitbürger stetig steigen. In gut 40 Jahren werde jeder achte Bundesbürger achtzig Jahre oder älter sein, prognostizierte Dr. Klingholz. Es werde also dann problematisch, wenn die jetzt noch im Berufsleben stehende Generation der „Babyboomer“ nicht mehr arbeite und auf Versorgungsleistungen angewiesen sei.

Als ausschlaggebenden Faktor für diese Entwicklung machte Dr. Klingholz die veränderte Rolle der Frau verantwortlich. Hätten in den 60er Jahren lediglich 35% Prozent der Mädchen eines Jahrgangs das Gymnasium besucht, so seien es 40 Jahre später mehr als 55%. Parallel zu dieser Entwicklung habe das Bildungsniveau bei den Jungen abgenommen. Den Motor für die geradezu massenhafte Abwanderung von jungen Frauen aus ihrer Heimat, wie man es zum Beispiel im Osten Deutschlands beobachten könne, bilde vornehmlich die Suche nach einem geeigneten Partner. Ganze Regionen bluteten so aus: „Kein Job, keine Frau, keine Kinder.“ Ab dem Jahr 2020 sei auch in westlichen Regionen mit derartigen Phänomenen zu rechnen. Da es abwegig sei, die Frauen zu „disprivilegieren“, gelte es vielmehr die Bildungschancen speziell der Jungen deutlich zu erhöhen, forderte Dr. Klingholz. Bildung sei schließlich auch der entscheidende Schlüssel zur Integration von Kindern aus Einwandererfamilien. Nach den USA sei Deutschland das Land mit den meisten Menschen mit Migrationshintergrund. Wenn allerdings bis zu 40% der unter-25-Jährigen aus dieser Schicht statt einer Ausbildung, nur einen „Freibrief in die Arbeitslosigkeit“ erhielten, drohe ein volkswirtschaftlicher Totalschaden.

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Mariana Kuzmina im “Handruper Forum”

„Russland war immer ein verlässlicher Partner“
Mariana Kuzmina von der Gazprom referierte in Handrup

Zur Referentin:
Mariana Kuzmina, GAZPROM Germania GmbH

„Sind die Energieleitungen zwischen Russland und Europa Verbindungen, die zusammenführen, uns sicher befestigen oder fesseln?“ Diese Frage stellte Franz-Josef Hanneken, Schulleiter des Gymnasiums Leoninum, in seiner Einleitung zum mittlerweile 20. Handruper Forum. Für Mariana Kuzmina von der Gazprom Germania gab es darauf nur eine Antwort: „Russland war in den letzten 35 Jahren immer ein verlässlicher Partner.“


Über die „Energiegroßmacht Russland“ referierte Mariana Kuzmina von der Gazprom Germania im Rahmen des Handruper Forums. Das Foto zeigt sie zusammen mit dem Schulleiter des Gymnasiums Leoninum, Franz-Josef Hanneken (links), und seinem Stellvertreter und Organisator der Veranstaltung Paul Wöste.

„Ein politisches Thema von globalem Ausmaß“, habe man für das vom stellvertretenden Schulleiter Paul Wöste organisierte Forum gewählt, erklärte Hanneken und verwies auf die Schlüsselwörter „Energie und Abhängigkeit, Europa und Russland“. Allein der Firmenname „Gazprom“ sei „aufgrund seines Bekanntheitsgrades schon geeignet, die Hoffnungen und Befürchtungen Europas zu benennen.“

Als unbegründet wies Mariana Kuzmina, Assistentin der Geschäftsführung der Gazprom Germania, in ihrem Vortrag Befürchtungen zurück, Russland könne dem Westen eines Tages „den Gashahn zudrehen“. Für den weltgrößten Erdgasförderer Gazprom sei „Europa der wichtigste Markt“. Eine solche Entscheidung wäre somit allein schon aus unternehmerischer Sicht „absolut schädlich“, betonte die Referentin. Dass Deutschland in den nächsten Jahren auf Erdgaslieferungen aus Russland, wo immerhin über ein Viertel der weltweiten Erdgasvorräte lagerten, angewiesen sein werde, stand für Frau Kuzmina außer Frage. So importiere die Bundesrepublik derzeit 34 % ihres Gasbedarfs aus Russland. Dieser Anteil werde sowohl wegen des größer werdenden Bedarfs steigen als auch wegen der Tatsache, dass die anderen Exporteure wie Großbritannien oder die Niederlande ihre Lieferungen reduzieren müssten. Es sei aber verfehlt, aus dieser Konstellation den Rückschluss zu ziehen, dass sich der Westen damit in die Abhängigkeit Russlands begebe. Statt von „Dependenz“ solle man lieber von „Interdependenz“ reden, denn 20 % des russischen Haushaltes würden durch Erdgasexporte gedeckt. So sei auch vom politischen Standpunkt aus betrachtet eine einseitige Kündigung der Lieferverträge nicht denkbar, unterstrich Frau Kuzmina. Im Gegenteil, die geplante Ostseepipeline solle die Deckung des Bedarfs gewährleisten und gleichzeitig auch die Liefersicherheit erhöhen. Dass es sich bei Gazprom um ein staatliches Unternehmen handele, sei diesen Zielen nicht abträglich, unterstrich die Rednerin. Man messe hier mit zweierlei Maß, beklagte sie und verwies auf norwegische und französische Staatsunternehmen, deren Status als unproblematisch angesehen werde.

Optimistisch äußerte sich Frau Kuzmina hinsichtlich der zukünftigen Energierohstoffgewinnung. Man dürfe nicht nur die Reserven, also die gegenwärtig erfassten und mit technischen Mitteln auch gewinnbaren Energieträger, im Blick haben, sondern müsse auch die Ressourcen berücksichtigen. Diese umfassten sowohl die nachgewiesenen, aber noch nicht abbaubaren als auch die noch nicht nachgewiesenen, aber dennoch erwarteten Rohstoffvorkommen.

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Andreas Englisch im “Handruper Forum”

„Ich möchte, dass Ihr mich nicht vergesst!“
Journalist erinnerte an einen zutiefst menschlichen Papst

Zum Referenten:
Andreas Englisch, Journalist und Buchautor, Rom.

Den 14. Februar 2005 wird der Vatikan-Korrespondent Andreas Englisch nie mehr vergessen. An diesem Tag bekam er einen Anruf aus dem Vatikan: Johannes Paul II. wolle ihn sehen und zwar sofort.


Aus dem Jahr 1584 stammt diese Bibel der Handruper Klosterbibliothek, in der der Journalist Andreas Englisch blätterte. Von links Pater Rektor Konrad Flatau, Schulleiter Pater Dr. Heiner Wilmer, Firmenkundendirektor Otto Klüver (Sparkasse Emsland), Andreas Englisch, Sparkassendirektor Ingo Hinrichs und der stellvertretende Schulleiter Paul Wöste.



Dem deutschen Journalisten schossen tausend Gedanken durch den Kopf. „Ich muss etwas ganz Schlimmes geschrieben und den Zorn des Papstes auf mich gezogen haben“, zermarterte sich Englisch den Kopf. Als der Korrespondent wenig später tatsächlich den Heiligen Vater traf, sah er den alten kranken Mann über ein selbstgemaltes Bild gebeugt, das der Sohn von Englisch dem Papst geschenkt hatte. Das Kind wollte dem Papst, der kurz zuvor in der Klinik behandelt worden war, auf diese Weise Genesungswünsche übermitteln.

Vor 650 Gästen des Handruper Forums zitterte Englischs Stimme, als er diesen Augenblick wieder vor Augen hatte. „Der Papst signierte das Bild und sagte: ‘Ich möchte, dass Ihr mich nicht vergesst.’“

Wahrhaft große Männer lassen sich nach den Worten von Englisch vielleicht daran erkennen, dass sie die Kleinen nicht vergessen.

Auf packende Weise schilderte der 43-Jährige in seinem Vortrag „Habemus Papam – Von Johannes Paul II. zu Benedikt XVI.“ das Leben im Vatikan. Es sei ein Zerrbild zu glauben, im Kirchenstaat herrschten mächtige Päpste mit Gefolge in prunkvollen Gemächern. In Wirklichkeit lebten hier Menschen, die bewusst auf Luxus verzichteten und Sinn für Humor hätten.

Der Korrespondent erinnerte an den Besuch von Johannes Paul II. in einer Stadt in Kasachstan, wo nur 46 Katholiken lebten. Als der Papst dort eintraf, erwarteten ihn 400000 Menschen. Der Journalist fragte einige, warum sie gekommen seien. „Die Antwort war immer gleich: ‘Wir wollten denjenigen sehen, der die Sowjetunion in die Knie gezwungen hat.’“

Englisch glaubt, dass das waffenstarrende Imperium ohne Gottes Hilfe nicht zusammengebrochen wäre. Die Faszination von Johannes Paul II. rührt nach Englischs Überzeugung daher, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche ein Symbol für alle Menschen guten Willens war.

Auch sein Nachfolger Benedikt XVI. setze auf den interreligiösen Dialog, ohne dabei das Profil der katholischen Kirche zu verwischen. Englisch machte sich dabei die Auffassung des Papstes zu eigen, dass dieser Dialog vor allem mit dem Islam nur auf Augenhöhe möglich sei. Es sei nicht hinzunehmen, dass Christen in islamisch geprägten Ländern verfolgt würden.

Übrigens ist der Vatikan keinesfalls perfekt organisiert. „Als der neue Papst feststand, sollten sofort die Glocken des Peterdoms läuten. Das klappte aber nicht, weil der Küster das Handy ausgestellt hatte.“

Pater Dr. Heiner Wilmer, Schulleiter des Gymnasiums Leoninum, dankte dem Referenten für seinen bewegenden Vortrag und der Sparkasse Emsland für die finanzielle Förderung.

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Professor Dr. phil. Jörg Splett im “Handruper Forum”

Jesus Christus ist der Maßstab christlichen Handelns – Professor Dr. phil. Jörg Splett referierte in Handrup

Zum Referenten:
Prof. Dr. phil. Jörg Splett, Lehrstuhl für Philosophische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt/Main.

„Christsein heißt nicht sofort Menschlichkeit, und Christen sind auch nicht von vornherein die besseren Menschen.“ Vielmehr komme es auf das persönliche Lebenszeugnis an. Für Christen bedeute das, sich zu Jesus Christus zu bekennen und ihn zum Maßstab für ihr Handeln in der Gesellschaft zu machen. Das erklärte Professor Jörg Splett in einem Vortrag, den er im Rahmen des Handruper Forums hielt.

Der stellvertretender Schulleiter Paul Wöste zeichnete in seiner Einführung kurz die Vita des sowohl an der Theologisch-Philosophischen Hochschule St. Georgen als auch als Gastprofessor an der Hochschule für Philosophie in München lehrenden Professors nach. Die Frage, „wie viel Christentum“ gebraucht werde, sei provozierend und nicht einfach zu beantworten, gehe es doch nicht allein um den individuellen Glauben, sondern dessen Tragfähigkeit für eine menschliche Gesellschaft.

Professor Dr. phil. Jörg Splett (zweiter v. links) referierte im Rahmen des Handruper Forums. Unser Foto zeigt ihn zusammen mit dem Rektor des Herz-Jesu-Klosters, Pater Konrad Flatau (links), dem Organisator der Veranstaltung, StD Karl-Josef Bußmann, dem stellvertretenden Schulleiter, StD Paul Wöste, und StD Franz-Josef Hanneken (v. rechts), der den Kontakt zu Professor Splett herstellte.



Anhand von vier Leitfragen versuchte Professor Splett Antworten auf diese Frage zu geben. Worauf könne sich denn die Personenwürde, also „ein unbedingtes Ja zu einem bedingten Menschen stützen“, wenn dieses nicht von einem „absolut freien Schöpfergott ausgesprochen werde?“, fragte Professor Splett gleich zu Anfang. Eine Bemessung der Personenwürde nach Leistungsfähigkeit sei keine ernstzunehmenden Alternative. „Dass man zu etwas taugt, ist noch kein Grund, geachtet zu werden“, stellte der Redner unter anderem mit Blick auf die Behandlung von Sklaven in der Antike fest. Gott brauche die Welt nicht um seiner selbst willen, so Professor Splett unter Berufung auf den mittelalterlichen Theologen Duns Scotus, sondern er habe den Menschen geschaffen, weil er „Mitliebende will“.

Trotz aller Schuld werde der Mensch von Gott bedingungslos bejaht. Darauf ergebe sich für den Menschen wiederum die Verpflichtung, „dieses Ja mitzusprechen“, erklärte Professor Splett, um sogleich die Frage nach dem Umgang mit Unmenschlichkeit anzufügen. „Dem Täter vergeben kann nur das Opfer“, stellte der Professor fest und fragte weiter: „Aber was passiert, wenn das Opfer das nicht kann oder nicht will?“ Könne es ohne göttliche Vergebung überhaupt eine Zukunft für Menschen, die sich der Unmenschlichkeit schuldig gemacht hätten, geben?

Ohne zwischenmenschliche Vergebung sei andererseits aber auch keine menschliche Gemeinschaft möglich, gab Professor Splett zu bedenken. „Vergebung muss sein“, unterstrich er, auch wenn diese einen „Rechtsverzicht im Dienste des Miteinanders“ bedeute. Auf derartige innerweltliche Rechtsansprüche könne man aber wohl nur verzichten, wenn man von der Hoffnung auf Vollendung getragen sei, so wie sie im Abschiedsgebet Jesu im 17. Kapitel des Johannesevangeliums deutlich werde.

Ohne eine solche Hoffnung wiederum könne es keine wirkliche Gemeinschaft mit den Toten geben. In der Auferstehung Jesu sei deutlich geworden, dass es nicht um „die Sache“ gehe, die weiterlebe, sondern um die Vollendung des ganzen Menschen.

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Prof. Dr. Peter Hofmann im “Handruper Forum”

Wenn alles gleich gültig ist, ist alles gleichgültig – Prof. Dr. Peter Hofmann referierte in Handrup.

Zum Referenten:
Prof. Dr. Peter Hofmann, Lehrstuhl für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Universität Koblenz

Dass Toleranz gegenüber anderen Religionen mehr bedeutet als lediglich deren Duldung, das machte der Koblenzer Fundamentaltheologe und Dogmatiker Professor Peter Hofmann in Handrup deutlich. Im Rahmen des Handruper Forums sprach er zum Thema „Schluss mit Toleranz? – Der eine Christus und die vielen Religionen“.

Schulleiter Pater Dr. Heiner Wilmer griff in seiner Einführung auf eine These des Politikwissenschaftler Samuel Huntington zurück, demzufolge die Weltpolitik des 21. Jahrhunderts vor allem von Konflikten zwischen Angehörigen unterschiedlicher Kulturkreise bestimmt sein werde. Auch wenn Huntington seine Aussagen mittlerweile entschärft habe, stelle sich doch nach wie vor die Frage, welche Position der Einzelne angesichts einer immer bunter werdenden Mischung aus verschiedene Kulturen und Religionen einnehmen könne.

Der Fundamentaltheologe Professor Peter Hofmann (Mitte) referierte im Rahmen des Handruper Forums. Unser Foto zeigt ihn zusammen mit Schulleiter Pater Dr. Heiner Wilmer (rechts) sowie dem Organisator der Veranstaltung, Karl-Josef Bußmann.



Auf jeden Fall nicht eine solche, die alle Konzepte und Lebensentwürfe für „gleich gültig“ erkläre, betonte Professor Hofmann gleich zu Beginn seiner Ausführungen. „Wenn alles gleich gültig ist, dann ist alles auch gleichgültig und somit egal.“ Auf dem Gebiet der Religionen sei eine solche Position aber fatal, denn es gehe dabei nicht um irgendwelche Geschmäcker, sondern um existentielle Lebensfragen.

Eine klare Absage erteilte der Professor in diesem Zusammenhang dem Toleranzbegriff Lessings, werde doch in der berühmten Ringparabel aus „Nathan der Weise“ der Eindruck erweckt, als gebe es zwischen den drei großen Religionen keinen fundamentalen Unterschied. Man könne als Mensch aber gar nicht wissen, ob alle Religionen „gleichwertige Wege zum Heil“ seien. Eine solche Auffassung von Toleranz sei im Kern sogar „totalitär“, denn „wer die ganze Menschheit umarmt, läuft Gefahr den einzelnen Menschen zu übersehen.“ Das Zweite Vatikanische Konzil habe eindeutig klargestellt, dass es „keine Ablehnung dessen, was den anderen Religionen heilig ist“, geben dürfe. Das erfahre man aber nur, wenn man „dem Gegenüber auch ins Gesicht“ schaue und miteinander über religiöse Inhalte ins Gespräch komme. Gleichwohl, gab Professor Hofmann zu bedenken, werde man sich dabei damit abfinden müsse, dass es Themen gebe, bei denen man nicht zu einer Einigung kommen könne. Er verwies dabei auf die unterschiedliche Beurteilung der Person Jesu Christi im Christentum und Islam: Für Christen sei er der Sohn Gottes, für Muslime ein Prophet.



War der Vortrag am Vorabend vor allem durch seine fundamentaltheologische Ausrichtung geprägt, versuchte Professor Hofmann am Morgen im Gespräch mit dem zwölften Jahrgang des Gymnasiums das Problem der Toleranz konkreter zu fassen. „Patentrezepte kann ich Ihnen jedoch nicht an die Hand geben“, räumte er gleich zu Beginn ein. Deshalb gebe es auf viele Fragen auch nicht immer eindeutige Antworten. Er halte aber die Aussage, dass „jeder nach eigener Fasson glücklich werden sollte“ für eine „Killerphrase“. Was sei denn, wenn man sehe, dass der Mitmensch genau auf diesem Wege in sein Unglück renne? Auf die Frage, ob er denn die Suspendierung von zwei Schülerinnen, die in Vollverschleierung zum Unterricht an einer Bonner Gesamtschule erschienen seien, für gerechtfertigt halte, entgegnete Professor Hofmann, dass im persönlichen Gespräch zunächst geklärt werden müsste, warum die beiden die so genannte Burka angelegt hätten. Was aber, wenn sich dann herausstellte, dass mit der dieser Kleidung weniger eine religiöse Ausrichtung als vielmehr die Ablehnung von Werten und Normen des Umfeldes verbunden seien? Dann, so Professor Hofmann, bestehe kein Zweifel mehr, dass es „keine Toleranz gegenüber der Intoleranz geben“ dürfe.

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Iris Berben im “Handruper Forum”

Iris Berben in Handrup

Leseabend hinterließ schockierte Fassungslosigkeit

Zur Referentin:
Iris Berben
deutsche Schauspielerin

Vortrag im Rahmen des „16. Handruper Forums“ vom 16. November 2004.

Rekordkulisse beim Handruper Forum mit Iris Berben

Handrup (rav) – Applaus wollte zunächst nicht recht aufkommen, als die Lichter in der Sporthalle des Handruper Gymnasiums Leoninum wieder angingen. Vielmehr herrschten Verstörung und Sprachlosigkeit vor, nachdem die Schauspielerin Iris Berben mit der letzten Zeile aus einem Gedicht von Charlotte Delbo ihren Leseabend beendet hatte. „Wusstet ihr es, ihr Wissenden?“ Nicht nur diese Frage wird die rund 1100 Besucher des Handruper Forums beschäftigt haben, nachdem die bekannte Darstellerin aus „Hitlers Tischgesprächen im Führerhauptquartier“ vorgetragen hatte. Schulleiter Pater Dr. Heiner Wilmer würdigte in seiner Begrüßungsrede vor allem das Engagement der Schauspielerin, „die Erinnerung an die Opfer der Nationalsozialisten wach zu halten.“

Iris Berben in HandrupNach ihrem eindrucksvollen Auftritt überreichte Pater Dr. Heinrich Wilmer Iris Berben einem Blumenstrauß.



Diesem Anliegen kam Iris Berben dann in dem fast zweistündigen Programm auf eindrucksvolle Weise nach. Auszüge aus den vom Zeitzeugen Henry Picker aufgezeichneten Gesprächen Hitlers mit engen Vertrauten bestimmen den ersten Teil der Lesung. Mit zum Teil kühler Distanz trägt Iris Berben Hitlers wahnwitzige Ideen vor – allesamt unwidersprochen. Hitler lässt sich aus über die „deutsche Herrenrasse“, ergeht sich in Schimpf- und Hasstiraden über „die Drecksjuden“, wettert gegen das Christentum und die „Pfaffen“. Der Führer bescheinigt sich dabei selbst, tolerant zu sein und erklärt, „noch nie Gefallen daran gefunden zu haben, andere zu schinden.“ Auf der einen Seite begegnen sich beißender Zynismus und ungeheure Brutalität, auf der anderen dann immense Dummheit, die sich in Sätzen wie „Christus war ein Arier“ offenbart oder wenn Hitler sein Frauenbild preisgibt: „Die Welt der Frau ist der Mann.“ Den ungeheuerlichen Aussagen des Tyrannen stellt Iris Berben die Berichte von Opfern der Nazidiktatur entgegen. Sie steht dabei vor einem Steinblock, der in seinem Äußeren den Stelen des Holocaust-Denkmals in Berlin entspricht. In fahles Licht getaucht trägt sie Berichte über die grausame Behandlung von Schwangeren, Müttern und Kindern im Frauenlager Ravensbrück vor. Doch damit ist der Gipfel des Schreckens noch nicht erreicht. Nach der Pause steigert sich die Intensität. „Den Hahn aufzudrehen, war ja keine große Sache“, ein Zitat des Vergasungsarztes Georg Renno steht auf der Leinwand im Hintergrund der nur spärlich ausgestatteten Bühne, während Iris Berben jetzt nur noch Erfahrungsberichte von Überlebenden vorträgt. Sie handeln von Homosexuellen, die versuchen zu fliehen und dafür grausam gefoltert wurden, von Sinti und Roma, die für SS-Schergen musizieren mussten und dann doch erschossen wurden.


Nach der Veranstaltung bedankte sich Iris Berben bei den Hausmeistern Peter Jansen (links) und August Schwarte (2. v. rechts) sowie dem Schulassistenten Guido Moß (rechts) und dem Zivildienstleistenden Bernhard Lis für die Herrichtung der Sporthalle.

Seinen Gipfel erreicht das Grauen schließlich in einem Bericht über ein Massaker im litauischen Ponary. Hierbei zeigt sich Iris Berben als wahre Meisterin der Vortragskunst. Sie mutet sich und ihren Zuhörern mit den drastischen Schilderungen viel zu. Aus der anfänglich idyllischen Beschreibung des kleinen Städtchens und der Landschaft rundum wird ein Bericht von unvorstellbarer Brutalität, der im Publikum schockierte Fassungslosigkeit hinterlässt.

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Bernd Busemann im “Handruper Forum”

Minister Busemann: Werden in der Schulpolitik Kurs halten – „Reformen absolut notwendig“

Zum Referenten:
Bernd Busemann
Niedersächsischer Kultusminister, Hannover

Handrup (rav) – In dem Bewusstsein, dass die in Niedersachsen anstehende Schulreform „eine große Umstellung bedeutet“ und für den ein oder anderen, auch „zu forsch geht“, wird die Landesregierung an dem einmal eingeschlagenen Kurs festhalten. Das machte Kultusminister Bernd Busemann in seinem Vortrag deutlich, den er im Rahmen des Handruper Forums in der Aula des Gymnasiums Leoninum hielt.

Kultusminister Bernd Busemann (2. v. links) erläuterte in Handrup die Wege der niedersächsischen Bildungspolitik. Begrüßt wurde er von Schulleiter Pater Dr. Heiner Wilmer (links), Pater Rektor Heinrich Mentrup und dem Leitenden Regierungsschuldirektor Klaus Seifert (v. rechts).



Dass es sich bei der Schul- und Bildungspolitik „um ein Megathema“ (Busemann) handelt, machte allein schon der enorme Zuspruch deutlich, den die Veranstaltung erfuhr. Die Plätze reichten zunächst nicht aus, so dass fleißige Helfer zusätzliche Stühle heranschafften, um allen Gästen – unter ihnen zahlreiche politische Mandatsträger sowie Vertreter der umliegenden Schulen und der Schulverwaltung – eine Sitzgelegenheit zu verschaffen.


Schulleiter Pater Dr. Heiner Wilmer lenkte in seiner Einführung den Blick auf die von Minister Busemann eingeleitete „intensive Neubelebung der Schullandschaft“. Es gehe dabei „offensichtlicht nicht um irgendwelche Reformen“, sondern um das Wohl der heutigen Schülerinnen und Schüler. Seinen besonderen Dank sprach der Schulleiter dem Minister für dessen Einsatz für die freien, und damit auch kirchlichen Schulen aus, indem dieser ihnen insgesamt 150 Beamtenstellen zur Verfügung gestellt habe.

Fast eine Stunde lang legte der Kultusminister dann einige Eckdaten der von ihm vorangetrieben Reformen vor. Angesichts des „katastrophalen Abschneidens im PISA-Ländervergleich“ sei eine schnellstmögliche Umsetzung der Neuerungen im „Großunternehmen Schule“ – in Niedersachsen unterrichten an 3700 Standorten rund 81000 Lehrer und Lehrerinnen ca. 1,2 Millionen Schüler und Schülerinnen – erforderlich. „Wenn man in England von Links- auf Rechtsverkehr umsteigen wollte, könnte man das auch nicht, indem man zunächst den Lkw, dann den Autos und zuletzt den Radfahrern die neue Fahrtrichtung vorgibt“, so der Minister.
Den Vorwurf, sein dabei geäußertes Bekenntnis zum dreigliedrigen Schulsystem bedeute einen Rückschritt, konterte er mit dem Hinweis, dass es ohnehin nur 60 Gesamtschulstandorte gebe und „Niedersachsen niemals ein Gesamtschulland“ gewesen sei.

Anstelle eines integrativen Schulsystems setze das Land auf ein durchlässiges, begabungsgerechtes und wohnortnahes Schulwesen. Trotz „der schärfsten Finanzkrise des Landes“ bleibe eine „hundertprozentige Unterrichtsversorgung das Hauptziel“. Alle zum kommenden Schuljahr frei werdenden Lehrerstellen würden wiederbesetzt, versicherte der Minister.

Fördern und fordern, so laute in Zukunft die Maxime. Dies gelte nicht allein für den vorschulischen Bereich, sondern erstrecke sich über die gesamte Sekundarstufe I, wo „für jeden Schüler in allen Schulformen ein individuelles Förderkonzept“ vorgesehen sei. Klassengrößen von mehr als 30 Schülern verhinderten nach Einschätzung Busemanns die erfolgreiche Arbeit nicht, wie der Blick nach Bayern beweise. Andererseits seien die Schüler in Zukunft auch stärker gefordert. So werde beispielsweise am Gymnasium unter Beibehaltung der 265 Jahreswochenstunde die Zeit zum Abitur auf zwölf Jahre verkürzt, die zweite Fremdsprache in der sechsten und eine dritte Fremdsprache in der siebten Jahrgangsstufe eingeführt. Für alle Schulformen gelte in Zukunft: „Kein Schulabschluss ohne Abschlussprüfung.“ Es sei „eine Schande für das Land, wenn 10 Prozent der Hauptschüler ohne Abschluss dastehen.“ Außerdem sicherten zentrale Abschlussprüfungen – ab 2007 auch in Klasse zehn – die Vergleichbarkeit. Diesem Ziel, erklärte der Kultusminister, diene auch der so genannte „Schul-TÜV“. Dabei handele es sich nicht um einen „Lehrer-TÜV“, sondern „alles, was mit Schule zu tun hat, steht im Licht der Überprüfung“.



Mit Blick auf die Diskussion um die Lernmittelfreiheit unterstrich Minister Busemann, dass sie schlichtweg nicht mehr finanzierbar sei, so dass man sich entschlossen habe, auf ein zwar kostenpflichtiges, aber sozialverträgliches Leihsystem umzustellen.

„Das Fundament für eine bessere Schule ist gelegt. Die Aufholjagd geht los!“, so der Minister abschließend. In dem dann folgenden Austausch stellten auch Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums ihre Sicht der Dinge dar. Die Frage, ob „die Schule nicht ein völlig anderes Image“ brauche, „um den Wert von Bildung wieder stärker bewusst zu machen“, beantwortete der Minister zurückhaltend. Gleichwohl gelte es das Ansehen der „insgesamt hervorragenden Lehrerschaft“ in der Öffentlichkeit zu stärken.

Dass die Reformfreude des Ministers auch ihre Grenzen hat, zeigte sich schließlich, als er gefragt wurde, ob man nicht bereits in der Schulzeit so genannte „credit points“ sammeln könnte, wie sie in den neuen Studiengängen vergeben würden. „Eure „credit points“ sind zunächst einmal die Zensuren“, stellte Busemann klar. Eine Anrechnung von Schulleistungen auf das Studium, komme für ihn derzeit nicht in Frage: „So weit bin ich noch nicht.“

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