Aufgrund der Gefahr durch das Corona-Virus ist heute das kommende Erasmus+-Treffen, das vom 22.-27. März in unserer spanischen Partnerschule in Novelda stattfinden sollte, abgesagt worden.
Heute kam die Nachricht, dass unsere französische Partnerschule in Saint Quentin keine Reiseerlaubnis erhalten hat und auch wir in Handrup hatten bereits überlegt, ob zum jetzigen Zeitpunkt eine solche Fahrt sinnvoll ist.
Wie es nun weitergeht mit dem geplanten Film „Different but together“ muss noch diskutiert werden. Es bleibt zu hoffen, dass das Treffen im Mai in Saint Quentin wie geplant stattfinden kann.
Am letzten Freitag haben die Mitglieder des Seminarfachs „Unterschiedlich und doch gemeinsam“ ihre erste Radiosendung im Studio der Ems-Vechte-Welle produziert.
In der Sendung berichten sie über den Film, der gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aus Saint Quentin und aus Novelda gedreht werden soll. In dem Film geht es um einen Tanzwettbewerb, bei dem Schülerinnen und Schülern aus verschiedenen Ländern nach einigen Schwierigkeiten erkennen, dass sie nur gemeinsam gewinnen können. Die Arbeit an dem Film wird von der EU im Rahmen eines Erasmus+-Projekts gefördert. Moderiert wird das Ganze von Jana Buitmann und von Lisa Wolter. An den Reglern saßen Anton Kook, Dominik Sitner und Przemyslaw Wawrzyszko.
Die Sendung wird am Freitag, dem 10. Januar, um 18.05 Uhr auf der Ems-Vechte-Welle ausgestrahlt. Zu empfangen ist sie über UKW 99,3 oder über emsvechtewelle.de.
Vom 10. bis zum 15. November waren Schüler und Lehrer aus St. Quentin in Frankreich und aus Novelda in Spanien in Handrup zu Gast. Damit ist das neue Erasmus+-Projekt „Unterschiedlich und doch gemeinsam“ gestartet.
In der Woche haben die Schüler die Handlung und die Charaktere für einen gemeinsamen Spielfilm entwickelt, der in Form einer Parabel die Einigung Europas zeigen soll. Im Film wird es darum gehen, dass Gruppen aus Frankreich und aus Deutschland nach Spanien fahren, um an einem Tanzwettbewerb teilzunehmen. Die Gruppen sind alle voller Vorurteile, die erst langsam überwunden werden. Erst spät merken die Gruppen, dass die übermächtigen Gegner nur gemeinsam geschlagen werden können und so finden sie Mittel und Wege zur Zusammenarbeit.
Erste Szenen sollen in der Woche vor den Osterferien in Novelda gedreht werden. Bis dahin müssen die Drehbücher erstellt sein. Dies geschieht im Seminarfach von Dr. Kock. Im Mai werden die Szenen in St. Quentin geschnitten.
Die Schule in Saint Quentin liegt in Nordfrankreich und wurde von Leo Dehon gegründet. Begleitet wurde die Gruppe von Karine Deflorenne und von Vincent Rochette. Die Schule in, Novelda ist nicht weit vom Meer, von Alicante, entfernt. Die Gruppe wurde vom Schulleiter und Dehoninaner Miguel Ángel Millán Atenciano und von Isabel Cerón Pagán begleitet. Alle waren sich einig, dass das Treffen in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre stattgefunden hat. Schüler und Lehrer haben sich sehr gut verstanden und alle freuen sich schon auf das Treffen in Novelda. Außer der Arbeit am Drehbuch haben wir zusammen die Trampolinanlage Upsprung in Osnabrück besucht und waren einen Tag in Münster, wo neben einer Stadtführung auch ein Besuch in der Turner-Ausstellung auf dem Programm stand. Aus Handrup sind die Lehrer Petra Dresselhaus, Monika Grabowski, Christiana Pilk und Dr. Thomas Kock an dem Projekt beteiligt.
Über das Projekt werden die deutschen Schüler in einer Radiosendung berichten, die am 13. Dezember im Studio der Ems-Vechte-Welle aufgezeichnet wird. Wann die Beiträge gesendet werden, werden wir noch veröffentlichen.
Das Material wurde von Schülern im Rahmen des Erasmus+-Projekts „Migration in Europa“ zur Geschichte der Russlanddeutschen erarbeitet.
Der Aberglauben der Russlanddeutschen
Polina, 24, aus der Nähe von Köln
Den russisch-europäischen Konflikt kenne ich vom Küchentisch.
Meine Eltern sind Putin-Fans, ich kann ihn nicht leiden. Vor einiger Zeit saßen
wir am Esstisch, wo wir oft stundenlang zusammenkommen und reden, als es in den
russischen Nachrichten um AlexejNawalny
ging, den russischen Oppositionspolitiker. Er war mit Säure angegriffen worden,
aber der Kreml untersuchte das nicht. Das regte mich auf. Meine Mutter sagte:
Putin hat recht. Warum sollte der Kreml Angriffe auf Oppositionelle
untersuchen?
Das war so ein Moment, in dem ich gemerkt habe, dass wir
nicht auf einen Nenner kommen werden, egal wie lange wir diskutieren und
argumentieren – weil die andere Seite keine Kritik zulässt. Seitdem habe ich
das Thema ruhen lassen, weil ich mich nicht mit meinen Eltern über Politik
streiten will. Dadurch, dass sie russisches Staatsfernsehen konsumieren und ich
gar nicht, haben wir einfach konträre Ansichten über Russlands Politik.
Die Familie meiner Mutter kommt von der Krim, und meine
Großeltern leben noch dort. Mein Opa stammt von den Krimtataren ab, die damals
von Stalin enteignet wurden. 2013 haben viele Tataren vor der Machtübernahme
Russlands vor dem Parlament demonstriert, heute bilden sie auf der Krim die
Opposition. Aber mein Opa ist absoluter Putin-Fan. Er sagt, die Krim habe Putin
viel zu verdanken. Und seit der Ukraine-Krise sind auch meine Eltern noch
größere Putin-Befürworter – und ich versuche, das Ganze von beiden Seiten zu
betrachten, aber es fällt mir schwer.
Meinen Freunden gegenüber würde ich mich als Russlanddeutsche oder als russische Deutsche bezeichnen, denn sie wissen natürlich, dass ich einen russischen Hintergrund habe und häufig dort bin. Bei Fremden stelle ich mich meist als Deutsche vor. Das Problem ist, dass meine Familiengeschichte immer mit viel Erklärerei verbunden ist. Meine Mutter ist Ukrainerin mit russischen und ukrainischen Wurzeln, mein Vater wurde in Sibirien als Sohn eines Wolgadeutschen und einer Russin geboren, und ich kam dann in Kirgistan zur Welt. 1995 sind wir nach Deutschland immigriert. Auf diese Geschichte folgt dann immer eine Salve Fragen: „Wo liegt denn Kirgistan? Und wie seid ihr da hingekommen? Aber du siehst doch gar nicht kirgisisch aus!“ Meine Eltern haben mir sehr viel von der russischen Kultur mitgegeben. Meinem deutschen Freund und auch meinen Freunden fällt es manchmal schwer, einige unserer Bräuche und Aberglauben nachzuvollziehen. Bevor eine Reise angetreten werden kann, muss sich die ganze Familie zum Beispiel noch mal ein paar Sekunden schweigend im Wohnzimmer hinsetzen. Man darf auf keinen Fall im Haus pfeifen, sonst läuft das Geld weg. Wenn wir von schlechten Dingen sprechen, müssen wir dreimal über die Schulter spucken und auf Holz klopfen, um das Unglück abzuwenden. Und zum Frauentag müssen den Frauen natürlich Blumen mitgebracht werden – auch wenn viele Deutsche diesen Feiertag, so wie wir ihn feiern, nicht ernst nehmen und sagen, hier müsse man den Frauen keine Blumen schenken.
Im Rahmen des Erasmus+-Projekts im Rahmen des Seminarfachs „Migration in Europa“ veröffentliche Materialien.
Definitionen:
Glasnost
Glasnost bedeutet Offenheit. Gemeint war damit eine Offenheit der
Staatsführung gegenüber der Bevölkerung. Glasnost sorgte für Pressefreiheit und
ein Ende der Zensur. Die Zeitungen durften erstmals wieder unzensiert ihre Berichte
veröffentlichen. Glasnost bedeutet auch Rede- und Meinungsfreiheit für das
Volk, für alle. Erstmals erfuhr die Öffentlichkeit von der wahren,
katastrophalen wirtschaftlichen Lage des Landes. Inhaftierte Regimekritiker
wurden freigelassen. Die Unterdrückung der Kirchen wurde beendet,
Demonstrationen wurden erlaubt.
Perestroika
Perestroika bedeutet übersetzt Umbau oder Umgestaltung. Das
gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche System wurde umgebaut. Die
Sowjetunion sollte ein demokratischer Staat werden. Sie sollte aus ihren
festgefahrenen Strukturen gelöst werden, um so schließlich auch die Wirtschaft
des Landes wieder nach vorne zu bringen. Als erstes wurde die Planwirtschaft
gelockert, indem Betrieben mehr Mitbestimmung eingeräumt wurde. Im Januar 1987
wurde ein umfassendes Perestroika-Programm verkündet.
Perestroika,
Glasnost und die Russlanddeutschen
Perestroika und Glasnost, die mit der Wahl Michail Gorbatschows zum Generalsekretär der KPdSU und Ministerpräsidenten der UdSSR 1985 eingeleitete Politik, brachten den Russlanddeutschen positive Veränderungen. Für seine Bestrebungen, das gesellschaftliche Leben in der UdSSR zu demokratisieren und die Wirtschaftskraft zu erhöhen, suchte er Akzeptanz und Unterstützung der eigenen Bevölkerung und der westlichen Welt. Den Russlanddeutschen wurden Zugeständnisse gemacht. Im Zuge innenpolitischer Veränderungen konnten nun auch bisherige Tabuthemen aus der Geschichte der Russlanddeutschen wie Deportation, Arbeitslager oder Autonomiebewegung öffentlich diskutiert werden. Russlanddeutschen entfalteten rege Aktivitäten in allen Bereichen des kulturellen Lebens, wobei sie die Probleme des Schulwesens (Mangel an Lehrbüchern und Arbeitsmaterialien, ausgebildeten Lehrkräften für den Deutschunterricht) aber nicht überwinden konnten. Die Entspannungspolitik Gorbatschows machte schließlich die Übersiedlung vieler Russlanddeutscher in die BRD erst möglich. 1986 wurden die Ausreisebestimmungen liberalisiert und ein ganzes Paket von Maßnahmen für die Russlanddeutschen 1986 beschlossen. Einige Vertreter der Russlanddeutschen griffen die Autonomiebestrebungen wieder auf, wobei sie die frühere Wolgarepublik vor Augen hatten. Auch dieses Thema konnte nun öffentlich diskutiert werden. Im Zuge der dabei in Gang gekommenen Diskussion wurde im März 1989 die Gesellschaft „Wiedergeburt“ gegründet. Das Scheitern der Perestroika und der Zerfall der UdSSR Ende 1991 bedeuteten auch das Scheitern der Autonomiebewegung. Lediglich zwei deutsche Landkreise (Rayons) wurden gebildet: Halbstadt und Asowo. Diese Entwicklung ließ die Zahl der Aussiedler erneut in die Höhe schnellen.
„Auf dem Weg demokratischer Umgestaltungen wurde ein Durchbruch erzielt. Freie Wahlen, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, demokratische Institutionen und Mehrparteiensystem wurden Wirklichkeit. Menschenrechte wurden als das oberste Prinzip anerkannt. Die Bewegung zu einer Wirtschaft mit verschiedenen Eigentumsformen und deren Verbreitung setzten ein. Das Wettrüsten und die wahnwitzige Militarisierung unseres Landes, die unsere Wirtschaft, das gesellschaftliche Bewusstsein und die Moral verunstaltet hatten, wurden zum Stehen gebracht.“
Das folgende Unterrichtsmaterial wurde von Schülern im Rahmen des Erasmus+-Projekts „Migration in Europa“ erstellt.
Die Erinnerungen der Russlanddeutschen an die Deportation im Jahre
1941
M1: Die
Deportation unter Stalin
Am
28.August 1941 begann die Deportation der Russlanddeutschen unter Stalin. Für viele von ihnen war dies ein
monatelanger, kaum erträglicher Weg ins Ungewisse. Die Menschen wurden aus
ihren Siedlungsgebieten nach Zentralasien und weiter in Richtung Osten, vor
allem nach Sibirien und Kasachstan, deportiert. Die meisten vertriebenen
Russlanddeutschen kamen aus dem Wolgagebiet, andere aus dem Kaukasus, der
Ukraine, den baltischen Staaten, sowie aus anderen, kleineren deutschen
Siedlungsgebieten.
Ihnen
wurde Kollaboration mit Deutschland vorgeworfen und sie wurden als
„Staatsfeinde“, „Spione“ und „Saboteure“ bezeichnet. Auf einmal waren sie
wieder die „Deutschen“, „die Faschisten“.
Die
Deportation lief in den einzelnen Siedlungsgebieten unterschiedlich ab. Einige
Menschen bekamen etwas Zeit, um ihre wichtigsten, materiellen Dinge einzupacken
und mitzunehmen. Bei anderen Russlanddeutschenn wurde das verboten und alles
verlief „Hals über Kopf“. In den wesentlichen Aspekten unterschied sich dennoch
nichts. Alle Russlanddeutschen mussten ihre hart erarbeitete Existenz, ihre
Heimat, ihr Leben zurücklassen. Nicht
nur psychisch war die Deportation eine Belastung, sondern auch körperlich. Die
Menschen wurden in völlig überfüllte Viehwagons, auf unmenschlichste Weise
verbannt. Viele Menschen starben bereits auf diesem Leidensweg an Hunger, Kälte
und Krankheit. Die Gefühlslage der Menschen während der Deportation und bei
ihrer Ankunft in den neuen Deportationsgebieten lässt sich wohl äußerst schwer
in Worte fassen, aber was die Verzweiflung und Verwirrung der Menschen
verstärkt hat, war, dass ihnen erzählt wurde, sie müssten ihre Heimat nur für
wenige Wochen verlassen und würden dann wiederkommen.
Während
der, bis zu mehreren Monaten dauernden, unmenschlichen Deportation, wurde den
Menschen klar, dass sie angelogen und zusätzlich hintergangen wurden.
Ihre
Existenz und „Heimat“ würden sie wahrscheinlich nicht in ein paar Wochen
wiedersehen, sondern nie. Dadurch wurde der Neubeginn der Russlanddeutschen
drastisch noch mehr erschwert und bei ihrer Ankunft, wussten die meisten nicht,
wo sie sind, wieso sie dort sind und wie es weitergehen sollte.
M2:Erlebnisse von Elsa H.
Im Jahre 1941 sind auch die Eltern von Elsa H. deportiert worden.
Sie kamen aus der Ukraine und wurden von
dort aus bis nach Pawlodar (Nordkasachstan) gebracht. Die Reise war lang und
beschwerlich, denn es sind viele aufgrund von Hunger und Kälte gestorben,
darunter auch ein Angehöriger ihrer Familie. Sie konnten diesen Angehörigen
nicht beerdigen oder begraben, weshalb sie ihn auf dem Weg „irgendwo“
zurücklassen mussten. Manchmal hielt der Zug für sechs oder sogar bis zu 12
Stunden an. In dieser Zeit versuchte man irgendetwas zum Essen zu finden,
jedoch ging es dann auch immer schlagartig weiter und man musste aufpassen,
dass man rechtzeitig wieder in den Wagons war.
Als sie in Pawlodar angekommen waren, war es minus 40 Grad kalt
und sie hatten keine warmen Klamotten bei sich, da es in der Ukraine warm war
und sie nicht damit gerechnet hatten, in so eine kalte Gegend zu kommen. Von
Pawlodar sind sie mit offenen LKW´s weitergebracht worden in ein Haus, wo sie
zunächst warten mussten. In diesem Haus waren zwei Öfen, die mit Pflanzen
beheizt wurden. Das Kind ihrer Schwiegermutter ist in diesem Haus an einer
Lungenentzündung gestorben. Diese Frau musste auch in die Trudarmee und dort
Männerarbeit verrichten. Es spielte keine Rolle, wie kalt es war oder ob sie
krank war, sie musste jeden Tag durch den tiefen Schnee zur Arbeit kommen. Am
Anfang musste sie im Wald arbeiten, wo sie einmal fast ums Leben gekommen sei.
Später musste sie eine gefährliche Arbeit verrichten, bei der sie Sprengstoff
in Steine legte, um sie zu sprengen. Um
sich vor der Kälte zu schützen, haben sie die Haut von toten Tiere, vor allem
von Kälbern, abgezogen und mit Stroh befüllt.
In diese Haut haben sie Löcher geschnitten, um sie dann mit Bändern
zuzuziehen. Diese „Schuhe“ haben sie sich dann angezogen, um nicht zu erfrieren.
Sie wohnten bei den Einheimischen im Winter in Erdhütten und im Sommer in
Zelten. Sie kann sich daran erinnern, dass es einmal so stürmisch war und so
viel Schnee lag, dass man nur noch die Schornsteine der Erdhütten sehen konnte.
An einem Tag war ihr Haus so zugeschneit, dass sie nicht rauskonnten.
Da haben sie das kleine Fenster, ganz oben im Dach aufbekommen und
den kleinen, 3-jährigen Jungen der Famillie durch das Fenster nach draußen
klettern lassen. Es war dunkel und der Junge hatte Angst, aber er hat es dann
geschafft, so viel Schnee von der Tür wegzuschippen, dass die Familie rausgehen
konnte.
Aufgabe 1:
Geben Sie die Hauptaussagen
des Materials 1 mit eigenen Worten wieder.
Aufgabe 2: Erläutern Sie den Verlauf der Deportation unter Einbezug von Material 1 und Material 3.
Aufgabe 3: Überprüfen Sie, inwiefern Elsa H. Opfer der stalinistischen Deportation geworden ist und finden Sie ein begründetes Werturteil zu ihren Erfahrungen.
Das folgende Material wurde im Rahmen des Erasmus+Projekts von Schülern des entsprechenden Seminarfachs erarbeitet.
Die Hungerkatastrophe in Russland 1932/33
M1: Hunger in der Sowjetunion
In den Jahren 1932/33 ereignete sich in der
Sowjetunion eine der größten humanitären Katastrophen des 20. Jahrhunderts.
Sechs bis sieben Millionen Menschen wurden Opfer einer Hungersnot, über die
damals nur wenig nach außen drang. Und auch heute ist sie außerhalb der Ukraine
kaum im öffentlichen Bewusstsein vorhanden. Die Hungersnot war die Folge der
Zerstörung der Landwirtschaft und des Dorfes durch die erzwungene
Kollektivierung. Sie war zugleich die Bestrafung der bäuerlichen Bevölkerung
für den Widerstand gegen die Kollektivierung der Landwirtschaft. Sie war ein
Schlag gegen den ukrainischen Nationalismus. Sie sollte ein für allemal die
bolschewistische Macht in den Dörfern etablieren, die bislang nur oberflächlich
revolutioniert worden waren. Die Hungersnot war nicht zwangsläufig. Sie war nicht
die Folge von Missernten oder Wetterkatastrophen. Sie wurde von der
Stalinführung sehenden Auges in Kauf genommen und verschärft. Hilfsmaßnahmen
für die hungernden Menschen auf den Dörfern wurden nicht nur nicht ergriffen,
sie wurden verhindert und verboten. Statt die bäuerliche Bevölkerung mit einem
Minimum an Nahrungsmitteln zu versorgen, wurden im Hungerwinter 1933 1,7
Millionen Tonnen Getreide exportiert. Das sollte gegenüber dem Ausland der
Beweis dafür sein, dass es in der Sowjetunion keinen Hunger gab und dass die
Gerüchte darüber nichts als antisowjetische Propaganda wären. Gehungert wurde
1932/33 in vielen Regionen der Sowjetunion. Aber nicht überall starben die
Menschen hungers und nirgendwo in der Sowjetunion waren so viele Todesopfer zu
beklagen wie in der Ukraine. Von den insgesamt sechs bis sieben Millionen
Todesopfern starben 3 bis 3,5 Millionen Menschen in der Ukraine, etwa 1,7
Millionen in Kasachstan, weitere Hunderttausende im Nordkaukasus, an der Wolga
und in Westsibirien. Während in der Ukraine und in der Russischen Föderation
hauptsächlich die ländliche Bevölkerung in den Getreideanbaugebieten
verhungerte, hatte das Hungersterben in Kasachstan andere Gründe. Die
Enteignung und zwangsweise Ansiedlung der Nomaden in den Steppen Kasachstans
brachte hier zuerst dem Vieh und dann den Menschen den Tod.
Völkermord wird auch als Genozid bezeichnet und
stammt vom griechischen Wort für Herkunft, Abstammung (génos) und dem
lateinischen Wort für morden, metzeln (caedere) ab. Die Konvention über die
Verhütung und Bestrafung des Völkermordes enthält eine Definition von
Völkermord.
Nach Artikel II
versteht man darunter, die an einer nationalen, ethnischen, rassischen oder
religiösen Gruppe begangenen Handlungen:
Tötung
von Mitgliedern der Gruppe;
Verursachung
von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe;
vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen
für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder
teilweise herbeizuführen;
Verhängung
von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet
sind;
gewaltsame
Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.
Diese Handlungen müssen in der Absicht begangen
werden, die Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.
Es macht sich also schon jemand des Völkermordes
schuldig, der lediglich beabsichtigt, also den Vorsatz hat, eine Menschengruppe
zu vernichten. Ist eine der Taten von Artikel II a bis e der Konvention
tatsächlich durchgeführt worden in Vernichtungsabsicht, dann ist es
unerheblich, ob oder wie viele Mitglieder der Gruppe wirklich vernichtet worden
sind. Letztendlich braucht man für die Strafbarkeit das “Ziel” nicht erreicht
zu haben.
„Als meine ganze Familie […] begann
anzuschwellen, brachte ich meine Tante und ihre zwei Kinder zu meinem Vater.
Während des gesamten Weges sah ich Menschen, die sich die Straße zum
Getreidespeicher entlangschleppten. Dabei lasen sie aus dem Staub Körner auf,
die nur sie selbst erkennen konnten. Einige unter ihnen brachen zusammen und
starben auf der Stelle. Sie wurden auf die Seite geschafft und niemand
beachtete sie mehr. Ist es ein Wunder, dass meine Haare begannen zu ergrauen,
als ich vierzehn Jahre alt war?“, so erinnert sich der Ukrainer Iwan Alexijenko
an das Jahr 1933, als die Hungersnot in der Sowjetunion ihren Höhepunkt
erreichte.
Fassen Sie die wesentlichen Aussagen des Textes
(M1) zusammen. Beziehen Sie auch das Bild (M2) mit ein.
Erläutern Sie ausgehend von M3 und unter
Berücksichtigung des Zeitzeugenberichts (M4), inwiefern die Hungerkatastrophe
von 1932/33 als Genozid bezeichnet werden kann.
Vergleichen Sie die Hungerkatastrophe von
1932/33 mit der von 1921/22 hinsichtlich ihrer Ursachen und ihres Ausmaßes.
Die Materialien wurden im Rahmen des Erasmus+-Projekts „Migration in Europa“ von Schülern des entsprechenden Seminarfachs erstellt.
Die Hungersnot 1920/21 in Russland
1. Arbeiten Sie
die zentralen Aussagen aus M1 heraus.
2. Vergleichen
Sie die damalige Situation in Russland (M1) mit der heutigen in Afrika (M2).
3. Recherchieren
Sie über die Lebenslage in Afrika und über die in europäischen Ländern und
verfassen Sie einen Bericht für die Schulhomepage, in dem Sie auf die
Disparitäten zwischen den Ländern eingehen, um Ihre Mitschüler zu informieren.
M1:
Die Situation der russischen Bevölkerung während der Hungersnot
Nach
über sechs Jahren Krieg, Gewalt und den ideologischen Zielen der Bolschewiki,
hatte die russische Bevölkerung nur noch sehr wenig Nahrung zur Verfügung und
musste zwei Jahre lang Tag für Tag ums Überleben kämpfen.
Die
Menschen in Russland, vor allem an Gebieten der Wolga, sehen aus wie lebendige
Leichname. Überall sieht man halberfrorene und unterernährte Männer, Frauen
aber auch sehr viele Kinder umher laufen, die auf der Suche nach nur einem kleinen
Stück Brot sind. Es kommt immer wieder zu Aufständen und Streiks. Der Auslöser
dieser Aufstände ist, dass die Regierung die Lebensmittelportionen immer weiter
kürzt, weil sie denken die Lage so in
den Griff zu kriegen. Ihre Tiere können die Menschen schon lange nicht mehr
ernähren. Die Pferde werden als stinkendes Fleisch in Suppen gekocht. Aber auch
ihre geliebten Hunde und Katzen essen die Menschen vor lauter Hunger. Sie gehen
sogar soweit, dass sie Vögel von den Straßen fangen oder die Tiere aus den Zoos
essen. Ein „Luxusmittagessen“ besteht für sie aus einem Gang, der nur
Kartoffeln enthält. Oft essen die Menschen auch Dinge wie Kuchen aus Stroh und
Leinöl. Ausgehungerte Kinder müssen als Zugtiere vor den Lastkarren dienen,
weil den Menschen keine Pferde mehr zur Verfügung stehen. Andere Kinder müssen
auf die Straße betteln gehen. Viele der Frauen und Kinder gehen aber auf die
Straße, um als Prostituierte zu arbeiten und so zum Beispiel einen Laib Brot
verdienen. 42% der Prostituierten stammen aus adeligen oder bürgerlichen
Familien. Fast niemand arbeitet in den Städten. Entweder haben sie keine Kraft
mehr dafür oder sie beschäftigen sich zum Beispiel mit dem Tauschhandel, um an
Lebensmittel zu kommen. Sie verkaufen ihre gesamten Habseligkeiten. „So bekam
man beispielsweise in Kaluga für einen Meter Stoff ein Pfund Butter oder ein
Kilogramm Erbsen; ein Pfund Seife entsprach einem Kilogramm Hirse und ein paar
Schuhe einem Pfund Kartoffeln.“
Die
sogenannten „Sackleute“ entführen bewaffnet sogar die letzten fahrenden Züge,
um zum Beispiel Kleidung in die Dörfer zu bringen und diese dort mit den Bauern
gegen Lebensmittel zu tauschen.
Aus
den Städten fliehen alle halbbäuerlichen Arbeiter zurück aufs Land. Diese
bringen oft ein nützliches Handwerk mit, weswegen sie von den Bauern freundlich
empfangen werden. Die Menschen, die allerdings keine Berufsausbildung
mitbringen, müssen sich auf dem Land mit Gelegenheitsarbeiten ihr Geld
verdienen. Einige müssen zum Beispiel nach der Roggenernte über die Felder
laufen, um die liegengebliebenen Kornehren aufzusammeln.
M2: Aktuelle Situation am
Horn von Afrika und Gründe für Hungersnot:
Die Lage am Horn von Afrika ist immer noch sehr angespannt. Über 22 Millionen Menschen sind weiterhin von extremem
Hunger bedroht. Besonders dramatisch ist die Situation nach wie vor in
Nigeria, Kenia, Somalia, Äthiopien, im Südsudan, im Tschad und auch in einigen
Teilen Ugandas. Obwohl unsere Mitgliedsorganisationen die Menschen mit Lebensmitteln,
Wasser und Saatgut unterstützen, bleiben die Ursachen für die Hungersnot
bestehen und in manchen Gebieten spitzt sich die Situation sogar weiter zu.
Schuld daran ist unter anderem die laut den Vereinten Nationen schlimmste Dürre seit 60 Jahren. Niederschläge
bleiben teilweise ganz aus oder weit hinter den erforderlichen Mengen zurück.
In einigen Regionen hat es seit Jahren nicht geregnet. Komplette Ernten sind
seit 2015 vertrocknet, andere reichen aufgrund der extremen Wasserknappheit
nicht aus. Die Vorräte werden vielerorts immer weniger oder sind inzwischen
ganz aufgebraucht. Auch die Nutztiere leiden stark unter der Dürre, sie finden
kaum Nahrung und Wasser. Viele Familien mussten einen großen Teil ihres Viehs
verenden sehen oder verkaufen. Sie haben damit ihre Nahrungsgrundlage verloren.
Auch die Menschen, die vor ein paar Monaten noch genug zum Überleben hatten,
sind gegen die anhaltende Dürre machtlos.
Eine weitere Ursache ist der Bürgerkrieg
in Somalia und dem Südsudan, der für die Menschen in Gebieten mit
bewaffneten Konflikten das Bestellen der Felder sehr erschwert oder ganz
unmöglich macht. Viele sind in benachbarte Regionen oder Länder geflohen, doch
da überall die Nahrungsmittel knapp werden, sind die Geflüchteten oft auf die
Verteilung von Nahrungsmitteln angewiesen. Solange kein Frieden einkehrt,
werden die Menschen weiter leiden.
In Nigeria, insbesondere im Norden des Landes, wurden über eine
Million Menschen von terroristischen Gruppierungen vertrieben
und flüchten innerhalb ihres Landes. Aufgrund der immer angespannteren
wirtschaftlichen Lage sowie den Vertreibungen sind derzeit rund 4,5 Millionen
BewohnerInnen Nigerias auf Ernährungshilfe angewiesen.
Im Seminarfach „Migration in Europa“ wurden einige Unterrichtsmaterialien, die sich mit dem Thema „Geschichte der Russlanddeutschen“ beschäftigen erstellt, die hier veröffentlicht werden sollen. Im ersten der Materialien geht es um das Einladungsmanifest Katharinas II.
Die spätere
Herrscherin Russlands mit dem Namen Katharina II. wurde am 2. Mai 1729 als
Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst in Stettin (heutiges
Polen) geboren. Die gebürtige Deutsche war das erste Kind des
Fürsten Christian August von Anhalt-Zerbst und Dornburg, der General der
preußischen Armee zu Lebzeiten Friedrichs II. von Preußen war, und Johanna
Elisabeth von Holstein-Gottorf, die aus einer hochangesehenen Adelsfamilie
stammte.
Die Mutter
beschäftigte sich kaum mit der Erziehung der Tochter, stellte jedoch früh
Bemühungen an, bei Besuchen an verschiedenen norddeutschen Höfen einen
möglichen Ehekandidaten zu finden. Bei diesen Besuchen lernte sie mit zehn
Jahren Großfürst Karl Peter Ulrich von Holstein-Gottorf kennen, der später ihr
Ehemann werden sollte.
Am 29. Juni
1744 fand die offizielle Verlobung mit Peter Fjodorowitsch statt. Somit war sie
Großfürstin und durfte kaiserliche Hoheit genannt werden.
Am 28. Juni
1762 wurde Katharina zur Herrscherin ganz Russlands ernannt.
Sie
beschäftigte sich mit den Bauern ihres Landes. Jedoch wollte sie dort mehr
Einkommen erlangen. Dazu bot sie den Deutschen einige Anreize, um in Russland
einzuwandern und dort das Land Russlands zu bewirten und „stärker“ zu machen.??
In dieser Zeit hatte
Katharina II. zahlreiche Affären (bekannt sind mehr als 20 Liebhaber). Sie wird
daher auch als eine Machtbesessene „femme fatale“, also als eine attraktive und
verführerische Frau bezeichnet, die auf erotische Weise ihre Liebhaber
manipuliert hat.
Katharina und das Einladungsmanifest
Unter Katharina der II.
wuchs Russlands Reich immer mehr an. Diese eroberten Gebiete und auch ihre geerbten Gebiete musste sie
besiedeln können. Das wiederum führte zu Problemen, da ihr Volk allein diese
Gebiete nicht besiedeln konnte, aber sie auch vor fremden Stämmen verteidigt werden
mussten. Russland war flächenmäßig knapp besiedelt und auch die handwerkliche
Kompetenz der Bevölkerung wurde als relativ niedrig eingestuft. Hinzu kam auch
noch, dass russische Bauern die neu errungenen Gebiete nicht besiedeln wollten,
da sie es nicht akzeptierten ihre
Heimatorte dafür zu verlassen.
Am 22. Juni 1763 erließ sie ein Manifest,
indem sie Ausländer, voralllem Deutsche, mit enormen Vorteilen in ihr Land
lockte. Viele Handwerker und Bauern aus kleinere Gebieten lebten in Deutschland
unter schlechten Lebensbedingungen und
wünschten sich mehr Mitbestimmungsrecht, um ihr Leben selbst verwalten zu
können.
Deutschland, welches durch
den siebenjährigen – und den napoleonischen Krieg (1756-1763) geschwächt war,
unterlag einer wirtschaftlichen und sozialen Krise, sodass viele Deutsche sich für eine Auswanderung nach Russland
entschieden.
Von 1764-1767 gründeten
sich an beiden Seiten der Wolga 104 deutsche Dörfer bzw. Mutterkolonien, die
konfessionell streng unterteilt waren und oft nach deutschen Ortschaften benannt wurden. Sie bekamen
zwar Land, aber dieses war Steppenlandschaft, welches sie sich überhaupt nicht
nutzbar machen konnten und Baumaterial wurde ihnen auch nicht zugesprochen. So
waren die ersten Jahre sehr hart denn die Ansiedler lebten unter schlimmsten
Bedingungen.
Ungefähr 1783 schafften es die
Aussiedler aus ihrer eigenen Kraft mit viel Selbstdisziplin und Ehrgeiz einen
sozialen Aufschwung in ihren Kolonien zu erzielen. Somit beschreibt ein
Sprichwort über diese Zeit: “Den ersten der Tod, den zweiten die Not, den dritten
das Brot“. Hierbei wird deutlich, dass nach mehreren Jahren des Leidens und des
Unglücks langsam eine Struktur in den Alltag der Menschen und in ihre neuen
Heimat kam.
Einladungsmanifest
Aufgaben
1. Fasse die Hauptaussagen des
Einladungsmanifests aus Q1 und Q2 zusammen.
2. Was hat Katharina die Große den Bauern
geboten? Liste die Argumente stichpunktartig auf. Bei Lese-Schwierigkeiten
suche dir im Internet Hilfe.
3. Russland ja / nein?
Versetze dich in die Lage eines deutschen Bauern dieser Zeit.K
Diese Webseite verwendet Tools und Funktionen, die unter Umständen Cookies im Browser Ihres Gerätes speichern. Nähere Informationen dazu in unserer Datenschutzerklärung.